4 8 4 D O C U M E N T 3 1 7 N O V E M B E R 1 9 2 8 Erhard Schmidt kann ich das verstehen, er war immer politisch rechts und zwar wirklich aus ursprünglichen Gefühlen heraus.[10] Bei Bieberbach und Mises aber ist es ein recht beklagenswertes Symptom. Ich habe mit Mises[11] über die Sache im August auf unserer Reise in Rußland gesprochen, wobei dieser gleich am Beginn der Diskussion erklärte, die Göttinger liefen ja einfach Hilbert nach und dieser sei wohl nicht mehr ganz zurechnungsfähig. Also schon damals tauchte diese Behauptung von Hilberts geschwächten Geisteskräften auf. Ich habe darauf die Besprechung mit Mises sofort abgebrochen, weil ich ihn nicht für bedeutend genug halte, daß er sich überhaupt ein Urteil über Hilbert erlauben dürfte. Ich lege noch ein Schriftstück bei, das Herr Ferdinand Springer an Bohr und Courant ge- schickt hat. Daraus geht hervor, daß Brouwer und Bieberbach Springer bedroht ha- ben, ihn als nicht national zu verdächtigen und zu schädigen, wenn er zu Hilbert halte.[12] Ich brauche natürlich nicht hinzuzufügen, was ich von solchem Verhalten denke. Verzeih, daß ich Dich mit einem so langen Schreiben behellige. Mein ganzer Wunsch ist dabei nur, dazu beizutragen, daß Hilberts sehr ernste Absichten ohne unnötige Aufregung für ihn durchgeführt werden. Wenn Du es etwa für richtig hal- ten würdest, diesen Brief oder einiges daraus Schmidt zu zeigen, so wäre mir das durchaus recht. Ich glaube aus alter Freundschaft zu Schmidt immer, daß man auch dann mit ihm sehr gut verhandeln kann, wenn er anderer Ansicht ist. Hoffentlich geht es Dir selbst jetzt wieder besser. Ich höre von Dir nur manch- mal durch Briefe von Margot an meine Frau. Die beiden sind ja dick befreundet und passen auch sehr gut zusammen.[13] Ich selbst bin damit beschäftigt, ein Buch über Quantenmechanik fertig zu stellen, an dem ich seit einem Jahre schreibe.[14] Leider habe ich mich dabei ein bißchen überarbeitet und werde wohl im Januar einige Zeit Urlaub nehmen müssen. Es ist wirklich garnicht einfach, neben all der Vorlesungs- und sonstigen Berufstätigkeit für so eine Arbeit Zeit und Kraft zu finden. Mit den herzlichsten Grüßen auch von meiner Frau an die Deinige Dein Max Born. TLS. [13 155]. [1] Hilbert had granted Harald Bohr (1887–1951), Professor of Mathematics at the Technical Uni- versity of Denmark, and Richard Courant (1888–1972), Professor of Mathematics at the University of Göttingen, power of attorney to represent him in the negotiations between the publisher Springer and the editors of Mathematische Annalen. [2] Born had, however, been a member of the editorial board from 1920 to 1924. He stepped down when Felix Klein resigned his position as principal editor. [3] Doc. 291. [4] This formulation overlooks the fact that Einstein could no longer maintain strict neutrality cir- cumstances had forced him to take sides. Born was, in effect, asking him to overcome his democratic
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