D O C U M E N T 4 8 4 A P R I L 1 9 2 9 6 8 7 auch nicht viel Zeit und Kraft dafür geben kann, so will ich doch dafür tun, was nur irgendwie möglich ist. Im Ganzen glaube ich, dass eine derartige Bestrebung nur dann erheblichen Einfluss gewinnen kann, wenn es gelingt, eine grosse Zahl von angesehenen Menschen dazu zu bewegen, öffentlich zu erklären, dass sie jedem staatlichen Gebot zur Beteiligung an einem kriegerischen Akt sich widersetzen würden. Blosse publizistische Tätigkeit kann kaum auf nachhaltigen Erfolg rech- nen, da derartige Publikationen im Ganzen nur von Anhängern gelesen werden.— Mit der Versicherung meiner aufrichtigen Sympathie bin ich in ausgezeichneter Hochachtung TLC. [47 503]. Addressed “Herrn Barthelemy de Ligt Campagne Bouvier Onex. Geneve.” [1] De Ligt (1883–1938) was a Dutch anarchist and pacifist and editor of the journal Bevrijding (“Liberation”) of the Union of Religious Anarchic Communists (BRAC), who lived near Geneva. [2] Ligt 1928 with a handwritten dedication by De Ligt is in Einstein’s personal library. See Abs. 1084 for the solicitation of Einstein’s support for a new pacifist organization he intended to establish. 484. To Heinrich Zangger Berlin W., 6. IV. 29. Lieber Zangger! Sie dürfen nicht klagen, sondern Sie sollen abbauen.[1] Wenn ich so leben würde wie Sie mit so viel Aufregung und Arbeit, dann hätte ich schon längst ins Gras ge- bissen. Die kleinste Unregelmässigkeit, etwas zu viel reden oder trinken, schon meldet sich der Teufel und hält mir nachts ein Privatissimum, statt mich schlafen zu lassen. Dies sage ich aber nicht um mich zu beklagen. Denn ich habe ein Leben hinter mir mit dem ich zufrieden bin und freue mich, dass weiter lebt, was ich auf die Beine brachte. So sollen Sie auch denken und den Rest des Lebens beschauli- cher Ruhe widmen. Denn Gott braucht auch ruhige Zuschauer, die sein Werk be- wundern ohne mitzuzappeln. Ich habe zu meinem Geburtstag ein Segelschiff bekommen, in dem ich den ganzen Sommer herumpeitschen will in den Berliner Gewässern.[2] Mit der Theorie ist es gut gegangen, wenn ich auch der einzige bin, der bisher etwas darauf hält. Nun müssen andere helfen mit der Ausrechnung der Konsequenzen. Stodolas Schicksal dauert mich sehr.[3] Ich will ihm nächster Tage schreiben. Aber einen Artikel in einer Zeitung würde er gewiss nicht geschmackvoll finden, zumal von mir, der ja sein Lebenswerk gar nicht beurteilen kann.[4] Ich kann das fühlen, weil ich den Umtrieb mit mir auch zum Kotzen finde. Byzantinismus, Wilhelm-Ersatz.[5] Kommen Sie, dann segeln wir tagelang zusammen und glotzen ruhig in die Na- tur. Dann wird Ihr Herz wieder ruhig und zufrieden werden. Geben Sie alle Schul- meisterei auf und lassen Sie einen Nachfolger Unglücksfälle und Verbrechen aufdecken. Herzlich grüsst Sie Ihr A. Einstein