194 DOCUMENT 163 MAY 1909 ausser den Differentialgleichungen für das Vektorfeld auch noch Bewegungs- gleichungen für die singulären Punkte haben falls mathematische Singulari- täten eingeführt werden. Die Energie des elektromagnetischen Feldes müsste-wenigstens bei genügend verdünnter Strahlung-mit der Anzahl dieser singulären Punkte in gewisser Weise zusammenhängen. Absorption fände nur statt beim Verschwinden eines derartigen singulären Punktes bezw. bei Degenerieren des zu diesem Punkte gehörigen Strahlungsfeldes.[8] Durch die Angabe der Bewegungen aller Singularitäten wäre das Vektorenfeld voll- kommen bestimmt, sodass die Anzahl der zur Charakterisierung einer Strah- lung nötigen Variabein eine endliche wäre. Bei der Zerlegung eines Strahles an der Grenze zweier Media müsste man eine Neubildung singulärer Punkte und ein Verschwinden der vor der Reflexion bezw. Brechung vorhandenen annehmen. Das Wesentliche scheint mir übrigens gar nicht in der Annahme singulärer Punkte zu liegen sondern in der Annahme solcher Feldgleichun- gen, welche Lösungen zulassen, bei welchen sich endliche Energiemengen ohne Zerstreuung in einer bestimmten Richtung mit der Geschwindigkeit c fortpflanzen. Man sollte meinen, dass dies Ziel mit einer geringen Modifikation der Maxwell'schen Theorie zu erreichen sei. Aber bis jetzt war ich vergeblich auf der Suche nach einer solchen. Ein Versuch in dieser Richtung ist am Ende des Briefes angedeutet.- Die Idee, durch Einführung von Koppelungen eine Verringerung der ver- fügbaren Freiheitsgrade herbeizuführen, erscheint mir insofern nicht verlok- kend, als dieses Auskunftsmittel zu sehr dem Fall des Strahlungshohlraumes gewissermassen auf den Leib geschnitten ist. Wäre die mathematische For- mulierung geglückt, so wäre wohl die allgemeine physikalische Interpretati- on nicht minder schwierig als bei dem Planck'schen modus procedendi.- Im Gegensatz zu der Meinung, die ich in meiner letzten Publikation ver- treten habe,[9] erscheint es mir möglich, dass die zu suchenden Differential- gleichungen lineare & homogene sind. Es folgt zwar aus den statistischen Eigenschaften der Strahlung, dass man nicht von einem Strahlungsvorgang ausgehend zu einem neuen gelangt indem man alle Amplituden (Feldstärken) mit derselben willkürlichen Konstant[en] multipliziert. Aber man kann dieser Forderung durch blosse Einführung von Singularitäten Rechnung tragen, ohne die Gleichungen nicht linear bezw. inhomogen zu wählen. Zu letzterem wäre man nach meiner Meinung allerdings gezwungen, wenn man ohne die Einführung singulärer Punkte auskommen möchte, was wohl am befriedi- gendsten wäre.
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