414 DOCUMENT 361 FEBRUARY 1912 361. From Robert Heller Zürich 19. Februar 1912. Sehr geehrter Herr Professor! Verzeihen Sie, daß ich so lange Ihren Brief unbeantwortet ließ, einmal war ich mit Arbeit überhäuft[1] und außerdem fiel es mir schwer eine Antwort auf Ihre Frage zu geben, wie Sie Prof. Z[2] eine Freude bereiten könnten, da ich in der letzten Zeit selbst nicht übermäßig vergnügt war. Was Prof. Zanggers Gemütszustand betrifft, hatten Sie ganz richtig erra- ten, daß er niedergedrückt sei. Es hatten sich Ende Januar einige sehr depri- mierende Familien- und persönliche Angelegenheiten zu gleicher Zeit verei- nigt, als er auch körperlich sich nicht ganz wohl fühlte, dazu kam die Hast des Berufes und die chronische Überarbeitung,[3] die Sie von früher zur Ge- nüge kennen, so war es kein Wunder, daß seine Stimmung eine recht gedrück- te war. Jetzt hat er sich einigermaßen wieder erholt und dazu haben Sie we- sentlich beigetragen durch Ihre Freundschaft . . . Das verstehen Sie nicht und so will ich gleich die Erklärung dazu geben. Ich sah, wie dringend Prof. Z. eine freudige Überraschung brauchte und wußte, daß Ihre Freundschaft zu den besten Gütern seines Gemütes gehört und da gab ich unter dem Eindrucke Ihres Wunsches einer augenblicklichen Regung nach und zeigte ihm den Brief, den ich gerade von Ihnen bekommen · hatte. Denn ich hatte die Uberzeugung, daß durch diesen Eindruck wirklich ein gehobener Gemütszustand bei ihm die Oberhand gewinnt, wenn er plötz- lich deutlich sieht, daß die Freundschaft, welche ihn an Sie bindet, nichts we- niger als einseitig ist. Nachträglich machte ich mir Gewissensbisse, daß ich in indiskreter Weise Ihrem Wunsche vorgegriffen habe, aber Sie werden mir hoffentlich diese Ei- genmächtigkeit nachsehen, wenn ich Ihnen die Versicherung gebe, daß das Gefühl, Ihre Freundschaft zu besitzen, ihn in freudigste Erregung versetzt hat und Sie können ermessen, wie tief der Eindruck war, wenn er mich bat, ihm den Brief zu schenken. Ich habe dies getan, da ich unter diesen Umständen ihm nur sein Eigentum vorenthalten hätte. Jetzt habe ich alles gebeichtet, und mein einziger Wunsch ist, daß das ge- genseitige Wissen um den Wert, welchen sie beide auf die Freundschaft le- gen, sie noch stärker mache. So werden Sie hoffentlich meine Handlungswei- se nicht mißbilligen können. Mit nüchternem Verstande besehen habe ich im Grunde nichts Schlimmeres getan als ein Romanschreiber, bei dem sich zum Schluß die Menschen kriegen, die zusammenpassen. Diese Mitteilung aber glaubte ich Ihnen schuldig zu sein und jetzt will ich nicht länger Ihre Zeit in