DOCUMENT 389 APRIL 1912 457 zu bleiben.[7] Dort hat sie es gut, ist bei taktvollen Leuten, die sich ihr gegen- über nichts herausnehmen. Sich so ganz in die Hände von Verwandten zu be- geben ist gefährlich. Kurz, ich misstraue der Geschichte. Wenn es schief gin- ge, wärs sehr fatal.[8] Wenn Herr O. stirbt, werde ich schon für meine Mutter sorgen.[9] Das vermag ich. Natürlich lasse ich meine Mutter nichts merken von den üblen Dingen, die ich erfuhr. Davon hätte sie nichts als niederdrückende Scham. Und bessern thut man sich in diesem Alter nicht mehr. Ich litt früher schrecklich darunter, dass ich sie nicht eigentlich lieben konnte. Wenn ich das schlechte Verhältnis zwischen meiner Frau und Maja[10] oder meiner Mutter vor mir sehe, so muss ich mir leider sagen, dass mir alle drei recht wenig sympatisch sind, leider! Jemand lieb haben muss ich aber, sonst ist es jämmerlich zu existieren. Und dieser jemand bist Du Du kannst ja nichts dagegen machen, ich frage Dich nicht um Erlaubnis. Ich herrsche absolut im Schattenreich meiner Vorstellun- gen, oder bilde mirs wenigstens ein. Aber eins will ich Dir nicht gelten lassen, nämlich Deine Behauptung, ich sei so sehr unter dem Pantoffel. Aber ich gebe zu, dass die Gesamtheit dessen, was ich aus Mitleid gegen sie und gegen ... mich in ihrer Gegenwart zu thun pflege, einen ganz ähnlichen Eindruck macht. Denke aber nicht so über mich! Das setzt mich in Deinen Augen herunter. Ich versichere Dir mit aller Uber- zeugung, dass ich mich für ein vollwertiges Mannsbild halte. Vielleicht gibts einmal eine Gelegenheit Dirs zu beweisen Sei geküsst von Deinem Albert. Naturw. Institut Weinberggasse. Prag.[11] Wenn es Dir drum ist, so schreib mir wieder, aber nur, wenn es Dir gerade Freude macht. Die Briefe werde ich stets vernichten, wie Du es gewünscht hast. Den ersten habe ich bereits vernich- tet[12] ALSX. [72 243]. [1]This letter is dated on the assumption that it was written a week after Einstein's return from Berlin on Tuesday 23 April (see Doc. 384). [2]Löwenthal, a divorcee, was living in Berlin with her daughters Ilse (1897-1934) and Margot Löwenthal (1899-1986), probably in an apartment above her parents Rudolf and Fanny Einstein at Haberlandstraße 5 in Berlin. [3]The spring semester at the German University of Prague ended 31 July 1912 (see Prag Ordnung 1912a, title page). [4]Einstein had looked into the possibility of a research appointment while in Berlin. One concrete possibility at the Physikalisch-Technische Reichsanstalt is referred to in Doc. 406. Einstein's "Scratch Notebook" (Vol. 3, Appendix A), [p. 36], indicates one appointment with Emil Warburg, the President of the Reichsanstalt, on Monday, 15 April, at 5 p.m., one with Fritz Haber on Tuesday, 16 April, at 2 p.m., and another with Warburg on Saturday, 20 April, 3 p.m. Notations on the same page for two scheduled appointments with Warburg and
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