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haben dürfte. Es wäre nach der zu Grunde gelegten Hypothese zu erwarten, dass in
die inbezug auf ein irdisches Koordinatensystem geltenden Gesetze die Ge-
schwindigkeit von gegenüber K eingehe, oder—konkreter ausgedrückt—, dass
der Ablauf eines Naturvorganges im Allgemeinen davon abhänge, welche Lage
man der ganzen Apparatur im Raume (d. h. relativ zur Bewegungsrichtung von
gegen K) gibt. Eine derartige Abhängigkeit der physikalischen Vorgänge von der
Orientierung der ganzen Anordnung im Raume hat sich aber bisher trotz eifrigen
Suchens nicht feststellen lassen.
Man hätte an der Gültigkeit des (speziellen) Relativitätsprinzipes überhaupt nie
gezweifelt, wenn nicht die Entwicklung der Optik und insbesondere der elektroma-
gnetischen Lichttheorie zu solchen Zweifeln geführt hätte. Die Maxwell’schen
elektromagnetischen Feldgleichungen für den leeren Raum führen zu der Konse-
quenz, dass jeder Lichtstrahl sich im Vacuum mit der universellen Geschwindigkeit
c fortpflanzt, unabhängig von der Bewegung der benachbarten Körper und unab-
hängig vom Bewegungszustand der Lichtquelle. Ich will diese Aussage im Folgen-
den kurz als „Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit“ bezeichnen. Die em-
pirischen Gründe, welche für die Gültigkeit dieses Prinzips sprechen, sind von
grosser Überzeugungskraft; sie sollen nachher kurz skizziert werden. Einstweilen
wollen wir das Prinzip als zutreffend annehmen und zeigen, dass dasselbe zu einem
Widerspruch mit dem speziellen Relativitätsprinzip zu führen scheint.
Wir betrachten beispielsweise ein Vakuum-Lichtsignal, das sich längs der
X-Achse von K fortpflanzt. Nach dem Gesetz von der Konstanz der Vakuum-Licht-
geschwindigkeit geschieht die Fortpflanzung gemäss der Gleichung
.
Führt man in diese Gleichung vermöge der Galilei-Transformation (2) die gestri-
chenen Koordinaten ein, so erhält man für die Fortpflanzung dieses Lichtstrahles
gegenüber dem System die Gleichung
.
Das Gesetz der Lichtfortpflanzung scheint also gegenüber dem System ein an-
deres zu sein als inbezug auf
K.[4]
Das Prinzip von der Konstanz der Lichtge-
schwindigkeit scheint inbezug auf nicht zu gelten—im Widerspruch mit dem
speziellen Relativitätsprinzip. Es scheint möglich zu sein, durch optische Experi-
mente die Geschwindigkeit v des Koordinatensystems gegenüber dem bevor-
zugten System K zu bestimmen, inbezug auf welches das Prinzip von der Konstanz
der Lichtgeschwindigkeit gilt.
Bei dieser theoretischen Sachlage scheint man gezwungen zu sein, entweder das
Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit oder das Relativitätsprinzip
K′
K′
K′
[p. 4]
x ct =
K′
x′ c v)t ( =
K′
K′
K′
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