8 V O L . 6 , D O C . 4 5 a N AT I O N A L S E L F - D E T E R M I N AT I O N
Vol. 6, Doc. 45a. “On the Questionnaire Concerning the
Right of National Self-Determination”
[July 1917–before 10 March
1918][1]
Zum Fragebogen über das Selbstbestimmungsrecht der Völker.[2]
Ich finde eine Unterscheidung nötig zwischen
a) „Volk“ = Bewohnerschaft eines wirtschaftlich-geographisch als einheitlich zu
behandelnden (nicht zu teilenden) Gebietes.
b) „Nationalität“ = Gesamtheit von Menschen, die durch Gemeinschaft von Spra-
che und event. Religion, Rasse eine mehr oder weniger enge Interessengemein-
schaft bilden.
Zu[sa]tz zu a) Die Möglichkeit, dass über die Wahl der einheitlich (bezüglich
Staatszugehörigkeit) zu behandelnden Gebiete Zweifel bestehen, sei nur kurz er-
wähnt. Ich glaube dass dieser Punkt wenigstens in Mittel und Westeuropa keine
grossen Schwierigkeiten machen wird.
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Ad I und II
Ein „Volk“ hat das Recht, seine Staatszugehörigkeit durch geheime direkte Ab-
stimmung aller erwachsener Bewohner zu wählen. Alle Stimmen sollen hierbei
gleiches Gewicht haben. Desannexion ohne Abstimmung halte ich nicht für richtig.
Wer mitstimmen darf, ist durch demokratisch gewählte Kommissionen von
Vertrauensmännern festzustellen nach dem Grundsatz, dass eine Aenderung des
Ergebnisses durch eigens inszenierte [Ab]- oder Zuwanderung verhindert werden
muss. Neutrale Kommission hat darüber zu wachen, dass Abstimmung unbeein-
flusst vor sich geht, und dass bei Auszählung der Stimmen nicht betrogen wird.
Ad III.
Das Selbstbestimmungsrecht der „Völker“ soll weiterbestehen (Referendum,
Antrag bei Völkerbund, Überwachung durch Völkerbund.
Ad IV.
1. Ja, insoweit die Nationalität die ihr zukommenden Rechte wirklich beansprucht
(Abstimmung vor jeder Appellation an Völkerbund.
2. Alle von Ihnen genannten Rechte, mit dem Zusatz, dass durch deren
Annäherung den Angehörigen der nationalen Minoritäten keine vermeid-
baren Nachteile erwachsen sollen.
3) ja
[p. 1]
[p. 2]
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