DOCUMENT 43 JANUARY
1915 73
Was die Zeit
betrifft,
so
haben
wir,
wie mich
bedünkt[,]
eine
vollkommen
klare
Vorstellung von
aufeinander
folgenden Augenblicken
und auch
von
der
"Gleich-
zeitigkeit“.[18]
Wir denken
uns jetzt,
dass wir die
von
uns
(oder
von
einem
anderen)
beobach-
teten
Erscheinungen
in
einem
physikalischen
System
stattfindend studieren. Ich
will
annehmen,
dass
zu
den
Instrumenten,
die
zu
den
Beobachtungen
verwendet
werden,
zwei
Gruppen von
Uhren U
und U'
gehören.
Die Uhren U sind relativ
zu
einander
in
Ruhe,
und ebenso die Uhren
U'.
Diese
letzteren haben
aber
relativ
zu
U eine
gemeinsame, gleichförmige Translationsbewegung (festgestellt
mit Hülfe
der
Angaben
von
U und mit
Maasstäben,
die in
Bezug
auf
das
System
U
ruhen).
Übrigens
hat
man
die
Uhren
U in
bekannter
Weise
(Lichtsignale)
nacheinander
ge-
richtet,
und ebenso die
Uhren
U'.
Es lassen sich
nun von
den in dem
System
stattfindenden
Erscheinungen
zwei
Bilder entwerfen. In
dem
einen sind
es
die
Uhren
U,
die
gleichzeitig
die
gleiche
Zeigerstellung
erreichen,
in dem anderen sind
es
die Uhren
U'. Im
Allgemeinen
sind
nun
die beiden
Bilder, derart,
dass wir
keine Ursache
haben,
das
eine dem
an-
deren vorzuziehen. Diese
Gleichwertigkeit
ist
eben
die
Behauptung
des Relativi-
tätsprinzips.[19]
Gewährt
es
mir
nun
Befriedigung,
das eine
oder
das andere
Bild mit
einem
"Äther“ schmücken,
oder
soll ich
sagen
zu
verunzieren,
so
steht
mir
das
natürlich
frei[20] (wenn
ich
nur
nicht
zu
viel über ihn
phantasiere),
und
es
liegt
nahe,
dass ich
in
dem
einen Bild
(um
alles
möglichst
einfach
zu halten), wo
die
Gleichzeitigkeit
von
den Uhren
U
angezeigt wird,
den Äther in
Bezug
auf
die
U ruhen lassen
werde,
in dem anderen Bilde
aber
in
bezug
auf
die
U'.
Wenn
von
der
Gleichwertigkeit
der beiden
Bilder
gesprochen
wird, so
soll
das
selbstverständlich
heissen,
soweit
unsere Erfahrung
reicht Ich schliesse das Fol-
gende
in
Klammem
ein,
weil
ich
damit die
Grenzen
der
Physik
überschreite[21]
[Ein
"Weltgeist“,
der ohne
an
einem bestimmten Ort
gebunden zu
sein,
das
ganze
betrachtete
System durchdränge,
oder
"in
dem“ dieses
System
bestände,
und
der
unmittelbar
alle
Ereignisse "fühlen“ könnte,
würde natürlich
sofort
eins der
Syste-
me
U,
U',
u.s.w.
vor
den anderen auszeichnen.
Obgleich
wir
nun
solche
Weltgeist-
er
nicht
sind
so
dürfen wir
uns
doch,
wenn
wir
uns an
der üblichen
Auffassung von
"Geist“ und
"Körper“
halten,
doch nicht
so
himmelsweit
davon verschieden. Wir
müssen nämlich nach
dieser
Auffassung
materielle in dem Gehirn stattfindende
Vorgänge
fühlen,
und da
man
schwerlich
sagen
kann,
der
Geist habe in
einem
be-
stimmten Punkte des Gehirns seinen
Sitz,
so
sieht
es
aus,
als ob
er
wirklich
was an
verschiedenen Stellen des Gehirns
vor
sich
geht, empfinden
und
(bei
genügendem
Unterscheidungsvermögen)
direkt auf
die "Gleichzeitigkeit“
prüfen
könnte“.
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