DOCUMENT
331
APRIL 1917
441
331.
To
Michele
Besso
[Berlin,]
Sonntag. [29 April 1917][1]
Lieber
Michele!
Ich liess
Euch
so lange
ohne
Nachricht,
weil ich selber
schwankte,
ob eine Ein-
gabe wegen
A.
gemacht
werden soll oder
nicht,
weil
ich
an
der
Nützlichkeit
zwei-
felte und weil die
Sympathien
für A.
in
seiner
Heimatstadt
sehr
gross
sein
sollen,
wie ich verschiedentlich
hörte.[2]
Aber schaden kann die Sache
nicht,
und deshalb
soll
es geschehen.
Wenn
Ihr
das Schreiben
lieber
an
eine andere Stelle
gelangen
lassen
wollt,
als ich zuerst
dachte,
bin ich stets einverstanden und will
gerne vor
der
Gesellschaft
[un]d ev.
auch in dem Gesuch
gerne
mich als
denjenigen bekennen,
der die
Anregung gab.
Wenn
Ihr
es
vorzieht,
dies
nicht
ausdrücklich
zu
bemerken,
bin ich auch zufrieden.
Überhaupt
gebe
ich Euch die
Vollmacht, es
in meinem Na-
men so zu
machen,
wie
es
Euch
richtig
erscheint.
Betont soll
werden,
dass A. sich in den Jahren
seiner
Lehrthätigkeit[3]
als selbst-
loser, ruhiger arbeitsamer,
gutherziger,
gewissenhafter
Mensch
gezeigt
hat,
der die
Hochachtung
aller
genoss.[4]
Dass
es uns
deshalb
ein
Herzens-Bedürfnis
ist,
ein
Wort
der
Fürbitte
für ihn
einzulegen.-
Dir
zur
Information. A. ist ein ziemlich ste-
riler
Rabbinerkopf, starrsinnig,
ohne Sinn
für
das Wirkliche. Ultra-selbstlos mit
starkem Stich ins
Selbstquälerische,
ja
selbstmörderische. Eine
richtige Märtyrer-
Natur. Als
es
sich darum
handelte,
wer von uns (er
oder
ich)
nach
Zürich
berufen
werden
sollte,
wollte ihn
Regierungsrat
Ernst
gerne
berufen,
da
er
sein
Parteige-
nosse war.
Er aber
sagte
Ernst
gegenüber
so
über
sich
und
mich
aus,
dass
es
Ernst
unmöglich
war,
für seine
Berufung
einzutreten.[5] Dies weiss ich
von
Ernst
selbst,
der
es
mir
bei meinem
Besuch
erzählte.
Über
seine wissenschaftlichen
Qualitäten
dürft
Ihr
nicht zuviel
Gutes sagen,
immerhin dass
es
ein
gewissenhafter
Denker
war,
der sich
zur
Klarheit durchzuarbeiten suchte
(mit
Erfolg).
Ich erhielt
gerade
ein in den letzten
Tagen fertig gestelltes
Manuskript
über
Relativität
von
ihm,[6]
in
dem
er
mit der
Überzeugung
des
Propheten
recht
wertlose
Spitzfindigkeiten
über-
aus
breit
darlegt,
sodass ich in
peinlicher Verlegenheit
darüber
bin,
was
ich dazu
sagen
soll. Ich zerbreche
mir
unaufhörlich den
Kopf
darüber.
Er reitet
den
Mach’schen
Klepper
bis
zur Erschöpfung
Nun
werdet Ihr
schon
wissen,
wie
Ihr in
Eure Saiten
greifen
müsst,
die Ihr
klüger
in menschlichen
Dingen
seid als ich.
Herrn
Beck lasse ich
herzlich
danken
für
seine
Bereitwilligkeit
und
ebenso Herrn
Erismann,
der mir eine
Expresskarte
schrieb.-[7]
Von meinem Albert erhielt ich einen sehr
vergnügten
Brief,
mit
dem
ich mich
ungemein
freute.
Der
Junge
strotzt
gottlob von
Lebensfreude
trotz
der
widrigen
Schicksale,
die
von
aussen tragisch
aussehen. Das ist die
glückliche
Jugend
und die
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