492 DOCUMENT 364 JULY 1917
"Fliessens“
unseres
Bewusstseins,
ebenso verhält wie mit
der
räumlichen,
dass bei-
de,
falls sie
existieren,
keinesfalls
zum
reinen
Bewusstsein,
als solchem
betrachtet,
gehören
und dass
man,
wenn man
das Bewusstsein der Welt rein als solches be-
schreiben
will,
von
einer
Menge
einheitlicher
Bewusstseinszustände unter Ab-
straktion jeder
Ordnungsrelation
reden
muss.
Die zeitliche
Ordnung
wird bloss
von uns
auf
Grund der
qualitativen
Inhalte
hergestellt;
auf
Grund dieser kann
man
sich aber die Bewusstseinseinheit auch in das räumliche
Kontinuum
eingeordnet
denken,
an
die
Stelle, an
die wir
in der
Konstruktion der
physischen
Erscheinungs-
welt
das
korrespondierende
Gehirn setzen.
Es erscheint
Ihnen
wohl
begreiflich,
dass ich mehr
hoffe,
mit
dieser Lehre bei
den Mathematikern
und
Physikern
mit
philosophischem
Interesse
Verständnis
zu
finden als bei den
eigentlichen Philosophen.
Besonders
gewisse Schwierigkeiten
meiner Lehre sind für den mathematisch
nicht
Gebildeten vielfach schwer
zu
über-
winden. Der
Mengentheoretiker
ist
es gewohnt,
bei der
Betrachtung
der Kardinal-
zahlen
von
den
Ordnungsrelationen
der
Mengen
zu
abstrahieren
und
es
ist ihm da-
her
nicht
schwierig,
eine
Menge zu konzipieren,
in der zwischen den Elementen
überhaupt
keine
Ordnungsrelationen
vorhanden sind.
Besondere
Schwierigkeit
macht aber
dem Nichtmathematiker
meine
Auflösung
des Zeitkontinuums. Die
Philosophen
wissen
meistens
nichts
davon,
dass für
den Mathematiker
das lineare
Kontinuum nichts anderes ist als eine
Menge
einzelner
Individuen,
Zahlen
oder
Punkte
z.
B.,
von
bestimmter
Mächtigkeit
und mit
bestimmtem
Ordnungstypus,
obwohl sie auch
aus
der Mittelschule das Kontinuum der
reellen
Zahlen kennen
müssten. Das Kontinuum erscheint
ihnen
als etwas
mysteriös
Einheitliches und die
wenigsten
Philosophen
dürften sich wohl die Mühe
nehmen,
Bertrand
Russells
principles
of mathematics
zu
studieren,
worin
sie über diesen
Punkt
Aufklärung
finden
könnten.[13]
Ist
aber einmal das
zeitliche
Kontinuum als eine linear
geordne-
te
Menge von
Bewusstseinseinheiten
gefasst, von
denen
jede eigentlich
eine Welt
für
sich
ist,
da sie
nicht
merkte, wenn
die
ganze übrige
Welt
nicht
existierte,
so er-
gibt
sich
leicht,
dass diese
Ordnung
im
reinen
Bewusstsein
der
Elemente nicht
ge-
geben
ist,
sondern dass
wir
bloss
uns
diese Elemente in
jene Ordnung
nach
gewis-
sen
inneren
Beschaffenheiten
gebracht
denken und
dass daher diese
Ordnung
bei
der
Betrachtung
des reinen Bewusstseins
aufzulösen
ist.
Die
Philosophen
leugnen häufig,
dass
es
den
Zeitpunkt
oder den
Bewusstseins-
zustand
überhaupt
gibt,
weil sie nicht
wissen,
wie
man aus
Elementen ein Konti-
nuum
aufbauen
kann und
dies daher
nicht
für
möglich
halten;
dem
modernen,
vor
allem
mengentheoretischen
Mathematiker
wird dies
sogar
als selbstverständlich
erscheinen,
dass
man
bei der
Betrachtung
des Kontinuums
von
den Elementen
aus-
gehen muss. Sagen
aber die
Philosophen,
der einzelne Bewusstseinszustand
"exi-
stiert“
nicht,
sondern bloss der
"Fluss“
des
Bewusstseins,
so
kann
man
ihnen
ant–
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