542 DOCUMENT
395 OCTOBER
1917
wir
hören und
auffassen,
ist ein
ganz
bestimmter
Bewusstseinszustand
eindeutig
zugeordnet
und
zwar
entspricht
dieser in
unserer
zeitlichen
Ordnung
in
jedem
Mo-
ment
der
Gesamtheit des bis dahin
Gehörten,
denn wäre dies
nicht der
Fall,
so
könnten
wir
die
musikalische
Folge
nicht auffassen und das
Vergangene
wäre
ver-
sunken. Sehr
gut
wird
dieser
Sachverhalt
durch
folgende
Zeichnung dargestellt,
die
sich im Artikel
Psychology
der
Encyclopaedia
Britannica
findet.[11]
Sie
sehen,
wie
sich
jeder
erlebte Ab-
schnitt auf
den momentanen Endzu-
stand
projiziert,
sonst
könnten wir den
betreffenden Abschnitt
gar
nicht als
von
uns
erlebt
bezeichnen
und
er
wäre
so
wenig
für
uns
vorhanden wie der
irgend
eines
uns
unbekannten Menschen.
Denn
an
sich ist für
jeden
Zustand
jeder
andere
nicht
vorhanden,
was er
erlebt,
ist
nur
die
Projektion
des anderen.
Es
gibt
also soviel verschiedene
derartige
Zustände als
es
verschiedene Ab-
schnitte verschiedener Musikwerke
gibt.
Z.B. ist der
Zustand,
den
wir
während des
x-ten
Viertels des
y-ten
Taktes des z-ten Satzes
der
u-ten
Symphonie
von
Beetho-
ven
erleben,
ein
ganz
bestimmter
und
von
jedem
anderen
derartigen
verschieden,
ebenso wie die
Gesamtheit
des bis dahin
verflossenen
Teils der
Symphonie
von
je-
dem
anderen
Abschnitt dieser
und
einer
anderen
Symphonie
verschieden ist. Die
Mannigfaltigkeit
dieser
Zustände ist
genug
reich
für
den,
der
nur
imstande
ist,
kur-
ze
Melodien
aufzufassen,
um
wie viel
reicher und
feiner
abgestuft
sind diese Zu-
stände für den Musikalischen. Klarer erfassen wir
allerdings
in
einem
Zustand die
Partie,
die
erst
kürzere
Zeit
vergangen
ist,
und
die weiter entfernten
immer
weni-
ger,
doch
muss
für den Musikalischen
dieser
Zusammenhang
sich
doch
noch über
den einzelnen Satz
hinaus
auf
das
ganze
Werk
erstrecken,
denn sonst wäre
es ja
für
uns
gleichgültig
während
des zweiten
Satzes,
ob der erste Satz früher
gespielt
wur-
de
oder
statt dessen
gar
nichts
oder ein
anderer
Satz.
Ich
glaube,
wenn
Sie
über
die-
se Dinge
nachdenken,
müssen
Sie die
Notwendigkeit
dieser
feinsten
Abstufungen
der
Projektionen
in
jedem
Zustand einsehen
und wie reich diese bei
der
Auffassung
eines
grossen
musikalischen
Kunstwerks sind. Sie müssen
nur
klar
daran festhal-
ten,
dass
jeder
momentane Zustand nichts
besitzt
und
von
nichts
weiss,
als
was er
in sich
trägt,
wie
wenn
die
ganze übrige
Welt
nicht
existierte.
Die
gleichen Ueberlegungen
wie die
über
die
Musik
gelten
auch
für
die Auffas-
sung
des
gesprochenen
Satzes,
doch
um
einzusehen,
dass hiebei
ausser
der
Auffas-
sung
der
Wortmelodie noch etwas
ganz
anderes
hinzukommt,
muss man
sich
klar
machen,
dass auch
unser
abstraktes Denken in
eigentümlichen Färbungen unseres