544
DOCUMENT 395
OCTOBER 1917
Ich
bin
so
kühn,
in
Bezug
auf
diese
Darstellung
den
hübschen
Satz
aus
Ihrer
po-
pulären
Schrift
zu
zitieren: Bevor
Du mir
dies mit
Ueberzeugung zugegeben
hast,
lieber
Leser,
lies
nicht
weiter![14]
Wenn Sie dies aber erkannt
haben,
dass der
ge-
genwärtige
Zustand
einen
reichen Inhalt
hat,
dann werden Sie
leichter
auch im Fol-
genden
mir
beipflichten.
Sie schreiben wörtlich:
"Jedenfalls
müssen
Sie,
wenn
Sie die Tatsachenwelt des
Bewusstseins in eine
Unmenge
solcher
inhaltsarmer
Zustände
zerlegt haben,
diese
doch weder mit
irgend
einem
geeigneten
Leim
zusammenkitten,
damit
jene
Welt
wieder
daraus werde.“
(Unter
dem Leim
meinen
Sie offenbar
nicht
viel anderes als
die
Zeitordnung,
da Sie den stärkeren
Leim
substantieller Identität
der
sukzessiven
Zustände
im
Sinn
der
alten
Seelensubstanzlehre wohl
kaum
darunter
meinen
dürf-
ten.)
Ich habe
aus
Ihrem
Satz
mit Bedauern
gesehen,
dass Sie den Nerv meiner
gan-
zen Argumentation
doch nicht erfasst hatten. Ich
zeige
nämlich,
dass ein Leim
zwi-
schen den
Zuständen,
eine
Ordnung
zwischen denselben
unmöglich
zum
reinen
Bewusstsein
gehören
kann. Es hat mich
umso
mehr
gewundert,
dass Sie dies nicht
sahen,
da
es
ohne
Weiteres
aus
der
von
Ihnen
selbst früher
anerkannten
Tatsache
folgt,
dass
alles,
was
ausserhalb des
gegenwärtigen
Zustandes
liegt,
für
diesen wie
nicht vorhanden
ist,
und
dass
er es
nicht
merkte,
wenn
es
nicht existierte. Dies
schliesst nicht
aus,
dass
ausser
diesem
Zustand
noch
1,
2
...
n,
unendlich
viele
an-
dere ihm
analoge
und
ebenso eine Welt
für
sich seiende Zustände
existieren,
was
wir
ja
alle fest
glauben,
aber
irgend
etwas zwischen
ihnen-ein
Leim
oder eine
Ordnung-kann
unmöglich
zu
dem
gesamten
in
der
Welt existierenden
Bewusst-
sein
gehören, zu
jener
uns
allen
so
wohl
bekannten
Qualität.
Damit
ist natürlich
nicht
bewiesen,
dass
es
nicht
einen
derartigen
Leim
oder eine
derartige
Ordnung
als etwas Nicht-Bewusstes
Metaphysisches gibt;
Hume kann
ja
durch seine Kritik
auch nicht
beweisen,
dass nicht doch
irgend
ein
metaphysischer
Kausalzusammen-
hang ausser
den
von
ihm
im Bewusstsein
nachgewiesenen
Tatsachen
existiert;
aber
dass dieser nicht
zum
reinen Bewusstsein
gehört,
das lässt sich
zeigen
und
wer
glaubt,
dass nichts
existiert,
als
was
dem
uns
bekannten Bewusstsein
mehr
oder
weniger
analog
ist,
der
wird
an
einen
nicht
bewussten,
metaphysischen
Kausalzu-
sammenhang
und
an
eine
metaphysische
Zeitordnung
nicht
glauben.[15]
So
para-
dox die
Vorstellung
der
zeitlich
ungeordneten
Bewusstseinszustände
ist, so
evident
ist
es,
dass wir
zu
dieser
Vorstellung
gelangen
müssen, wenn
wir
alles, was
nicht
für
irgendeinen
unmittelbare
Bewusstseinstatsache
ist,
eliminieren. Dass ich
unter
unmittelbaren Bewusstseinstatsachen nicht bloss das
verstehe, von
dessen Existenz
wir
ganz
sicher
wissen
können,
ist wohl
aus
meiner
Darstellung
im
Anfange
klar.
Denn wir können
bloss
die Existenz
unseres
momentanen
Zustandes
sicher
wissen,
ich meine aber unter
unmittelbarer
Bewusstseinstatsache
etwas,
dem
eine be-
stimmte
Qualität (des
sich selbst
unmittelbar
Gegebenseins,
des
Empfindungs-
und
Gefühlsartigen)
zukommt,
wenn es
existiert,
ob
wir
davon wissen
oder
nicht. Da–