DOCUMENT
395
OCTOBER
1917
547
und
was
möglich
ist,
in
dieser
kleinen
Welt sich
findet,
und Sie werden
vielmehr
verstehen,
dass
jenes ganz
unerfüllbare
Bedürfnis bloss
infolge
einer falschen Auf-
fassung
des einzelnen Zustands
sich bei
Ihnen
so
stark
regte.
Ich hoffe
ernstlich,
wenn
meine
Darstellung
dies nicht bewirkt
hat,
dass Sie die
Richtigkeit
meiner
Auseinandersetzungen
einsehen
werden,
wenn
Sie
Zeit
finden,
darüber
nachzuden-
ken. Wenn dies der Fall sein
sollte,
dann würde
es
mich
natürlich sehr
freuen,
wenn
Sie mich darüber
benachrichtigen, es
kann dies ja
auf einer
Postkarte ohne viel
Mühe
geschehen.
Ich meine die
Erkenntnis,
dass das reine Bewusstsein in
der
Welt
nichts anderes ist als eine
ordnungslose
Menge
einheitlicher
Bewusstseinszustän-
de,
keinesfalls
mehr,
schwerlich
weniger.
Sie schrieben
ferner,
Sie
glauben
nicht,
dass
man
in diesen
Dingen
etwas
eigent-
lich Neues
sagen
kann.
Lange
bekannt ist die
Erkenntnis,
dass ein
momentaner Zu-
stand nichts davon
wüsste, wenn
nichts
ausser
ihm
existierte, sowie,
dass die Zeit-
auffassung
im
gegenwärtigen
Zustand
erfolgen muss.
Neu ist bei
mir,
so
viel ich
weiss,
gleichsam
die
Integration
dieser Erkenntnis
und
die
Konzeption
des
gesam-
ten
existierenden Bewusstseins und schliesslich alles Seienden
auf
dieser Grundla-
ge.
Das Problem
aber,
die
Gesamtheit
des seiner
Qualität
nach unmittelbar
(als
Be-
wusstsein)
Existierenden
aus
der naiven
Erfahrungswelt herauszuarbeiten,
ist
unter
verschiedenen Namen
von
vielen schon
behandelt
worden. Mach und Avenarius
hielten
es
meiner
Meinung
nach
mit Recht für das
philosophische Grundproblem.
Jenes
Prinzip
ist aber
dafür,
soviel ich
weiss,
noch
nicht
vorgeschlagen
worden.
Wenn auch die einzelnen Elemente meines Gedankens bekannt
waren
und
diese
von
Ihnen in Ihrem Briefe
anerkannt
wurden, so
beweisen doch Ihre
Einwände,
dass da noch manche Missverständnisse
möglich
sind,
bevor
man
einsieht,
dass
meine
Zusammenfassung richtig
ist. Wenn
man
sich in
meinen Gedanken hinein-
empfindet,
so
sieht
man,
dass diese zusammenfassende
Betrachtung
in
ihrer
ab-
strakten Starrheit
eines
gewissen
Reizes nicht
entbehrt.
Man erkennt
vor
allem,
dass zwei Zustände derselben Person
prinzipiell
in
keiner
andern
formalen
Relati-
on
zueinander
stehen,
als die zweier
verschiedener
und
dass der Unterschied bloss
auf
den inneren
Qualitäten
der
Zustände beruht. Aus
dem
Gedanken des instanta-
nen
Solipsismus
hat
man
bloss eine
gemeinsame Eigenschaft
erkannt,
nämlich
dass
wir
auch die Existenz
unseres vergangenen
Zustandes
nicht absolut sicher
wissen
können,
ebenso wie die eines fremden Bewusstseins: dass aber die zeitliche
Trennung
überhaupt
dasselbe
ist,
wie die
Trennung
des Bewusstseins verschiede-
ner
Personen,
dies scheint
mir
eine sehr
wichtige Vereinfachung unseres
Weltbil-
des.
Indem
ich Ihnen nochmals
für
Ihren
langen
Brief
danke und
hoffe,
dass ich frü-
her oder
später
doch
wieder
eine, wenn
auch
kurze
Nachricht
von
Ihnen erhalten
werde,
bin ich Ihr
ergebener
Dr
Franz
Selety