770 DOCUMENT 545 MAY 1918
er
Kinder
von
mir
haben
könnte,
was
bei Mama natürlich
ganz wegfällt, er
ist aber
viel
zu anständig
und hat Mama
zu
lieb,
als daß
er es
jemals
aussprechen
würde.
Wie ich mich
zu
A.
stelle,
wissen Sie. Ich habe ihn sehr
lieb,
habe die
größte
Ach-
tung
vor
ihm als Mensch. Wenn
es
wirklich
Freundschaft
und Kameradschaft zwi-
schen zwei Wesen verschiedener
Gattung gibt, so
waren es
ganz
sicher meine Ge-
fühle für A. Ich habe nie den Wunsch oder die
geringste
Lust
verspürt,
ihm
körper-
lich nahe
zu
sein. Anders bei ihm-wenigstens in letzter
Zeit.-
Er hat mir selbst
einmal
zugegeben,
wie schwer
es
ihm
fällt,
sich
zu
beherrschen. Ich
glaube nun
aber
doch,
daß meine Gefühle für ihn nicht ausreichend sind
für
ein Zusammenle-
ben als
Ehegatten.
Ich fürchte
nur zu
sehr,
ich könnte ihn
dann
nicht mehr lieb
ha-
ben und würde ihn noch als Fessel
empfinden.
Zu
guter
Letzt käme ich
mir
noch
wie eine Sklavin
vor,
die verkauft worden ist. Vielleicht denken Sie anders
darüber,
aber ich habe
so
meine Bedenken dabei. Bei
irgend
einem fremden
Menschen
könnte ich mir
vorstellen,
daß ich ihn
so
lieb
gewinnen
könnte,
um
mit ihm
zusam-
men
zu
leben,
aber bei A. will mir das nicht in den
Kopf.
Ich
glaube,
daß die Be-
ziehungen,
die zwischen ihm
u.
Mama
sind,
-im
andern Falle
waren-dies
für ein
Zusammenleben
notwendige
Gefühl nicht aufkommen lassen. Ich habe mich doch
schon
zu
sehr daran
gewöhnt,
ihn ein
wenig
als
"Vater"
zu
betrachten. Sie werden
mir
erwidern,
das
liegt
in
der
Vergangenheit,
aber ich
würde
täglich
durch
Mamas
Gegenwart
wieder daran erinnert werden.
Zugegeben,
das ist
etwas
Unnatürliches
und
für
unser heutiges Empfinden,
jedenfalls
wie ich
eingestellt
bin,
auch nicht
ganz
sauber.
(A. behauptet zwar,
das seien soziale
Vorurteile)
A.
redet mir auf
kei-
nen
Fall
zu,
da
er
nicht die
Verantwortung
übernehmen
will,
ein solch’
junges
Ding
wie mich
an
sich
zu
fesseln. So
lange
ich hier im Hause
wäre,[2]
würde
es
für mich
kein
großer
Unterschied sein
(nach A.’s
Meinung)
ob ich verheiratet wäre oder
nicht,
höchstens
nur
angenehm,
da
ich immer
mein
eigner,
freier Mensch wäre.
Gelten
sollte ich
genau so
viel wie Mama. Und
um
all den äußeren
Glanz,
der
sich
über
Mama breiten
würde,
bin ich absolut nicht neidisch. Etwas
ganz
Anderes wäre
es
aber,
wenn
ich mich einem verheiraten
würde,
was
ich
ja eigentlich
doch möch-
te.
A.
sagte
mir,
daß das einen Riß in sein Leben
geben
würde,
und daß
es
ihm
schmerzlich sein
würde,
mich vermissen
zu
müssen. Dies ist
nun
ein sehr
wunder
Punkt.
Ich komme
mir
vor
wie
der Heinesche
Esel.[3] Einerseits möchte
ich
mein
Leben
lang
bei Albert
sein,
aber
um
mit ihm verheiratet
zu
sein,
dazu
gehört
meines
Erachtens nach noch eine andere Liebe. Jetzt wissen Sie
genau
Bescheid,
wie
es
zwischen
mir
und A. aussieht. Als dritte Person in dieser seltsamen und auch
gewiß
stark komischen
Angelegenheit,
wäre noch
Mutter
zu
erwähnen. Vorläufig-da sie
noch nicht fest dran
glaubt,
daß ich wirklich Ernst
mache-hat
sie
mir
vollkommen