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[3]In Einstein to Heinrich Zangger, 24 June 1918 (Vol. 8, Doc. 571), Einstein intimates that in Guye
and Lavanchy 1916 Guye had unjustifiably presented this method as his own idea rather than Simon
Ratnowsky’s.
274. From Friedrich Kottler[1]
Wien, III. Streichergasse 4 am 21. 1. 20
Sehr verehrter Herr Professor!
Auf dem Umwege über Amsterdam erfahre ich, daß Sie vor kurzem die Gewo-
genheit hatten, sich freundlich über mich zu äußern, und sich bereit erklärt haben,
mich bei der Bewerbung um eine Stelle in Deutschland zu
fördern.[2]
Ich danke Ih-
nen bestens für diese freundliche Erinnerung, die Sie mir bewahrt haben, und hoffe,
daß es mir mit Ihrer Hilfe vielleicht doch gelingen werde, aus der hiesigen Misère
zu entkommen. Ich sage Ihnen ja wohl nichts Neues damit, daß wir hier in Öster-
reich, insbesondere der Mittelstand und die Intelligenz, langsam zugrunde gehen,
und daß speziell für mich bei dem völligen Mangel an offenen Stellen in meinem
Fache keine Aussicht auf Rettung durch eine inländische Anstellung besteht. Um-
somehr ist meine letzte Hoffnung auf Deutschland gerichtet, daß sich doch noch ir-
gend etwas für mich finden werde, wozu mir natürlich Ihre wohlwollende Förde-
rung eine mächtige Hilfe wäre.
Erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit, auch einige wissenschaftlichen Fragen
zu streifen. Zuerst möchte ich mitteilen, daß ich auf Wunsch Prof. Oppenheims ein
kleines Referat über Gravitation im astron. Bande der Math. En[zy]klopädie über-
nommen habe. Und zwar fällt mir der moderne Teil der Aufgabe zu (den älteren hat
Oppenheim
übernommen.)[3]
Ich denke mir meinen Artikel etwa als Fortsetzung
des Zenneckschen im physikalischen
Bande,[4]
wobei ich bei Ihrer Theorie den
Nachdruck auf den Zusammenhang mit der Gravitation lege. Das Relativitätsprin-
zip als solches wird ja im physikal. Band zu Worte kommen (wie ich höre, durch
Pauli
junior).[5]
Ich würde mich freu[en,] bei der Arbeit Ihren frdl. Rat erfahren zu
dürfen. Vielleicht gestatten Sie, daß ich Ihnen vor endgiltiger Fertigstellung des
Artikels die betreffenden Bogen zur Einsicht übersende, wie Sie mir dies einmal in
Berlin bei einer ähnlichen Gelegenheit freundlichst zugesagt hatten.
Des weiteren möchte ich mir eine Frage erlauben betreffend Ihrer Arbeiten zur
Strahlungstheorie. Ich meine die Richtung von 1905 (Lichtquantenhypothese), die
Sie (in modifizierter Form) auf dem Salzburger Naturforschertag 1909 und i[n] der
Physikal. Zeitschrift 1917 fortgesetzt
haben.[6]
Haben Sie diese Gedanken seither
weiter verfolgt und halten Sie noch an Ihnen fest? Dies würde mich freuen, weil
ich in einer längeren Untersuchung über die Beugung, der Natur des Lichts auf den
Grund zu gehen, versucht habe. Ich habe hiervon eine vorläufige Mitteilung der
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