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zu dessen Vorstand Lecher ist kein gutes, woraus für Ehrenhaft manche Arbeits-
hemmungen entstehen. Exner tritt wegen erreichter Altersgrenze zurück; seine
Stelle ist zu besetzen. Als das dringendste Erfordernis bei der Neubesetzung er-
cheint mir, dass wir einen Institutsvorstand bekommen, der experimentelle Arbei-
ten in grossem Stil zu leiten versteht. Hiezu eignet sich weder der nicht mehr junge
Lecher, noch Jäger, der überwiegend Theoretiker ist. Eine Berufung aus Deutsch-
land ist gegenwärtig wegen der Finanz- und Valutaverhältnisse kaum ausführbar.
Hiedurch wird man dazugeführt, an folgende Herren zu denken: Ehrenhaft, ferner
die Professoren Schweidler (Universität Innsbruck), der gegenwärtig kaum nach
Wien gehen wird, Heinrich Mache (Techn. Hochschule Wien), Hans Benndorf
(Universität Graz). Prof. Stefan Meyer ist am Radiuminstitut tätig und es dürfte
sich nicht empfehlen, ihn von dort
wegzunehmen.[6]
Von den Genannten scheinen
mir wissenschaftlich insbesondere Ehrenhaft und Schweidler in Betracht zu kom-
men. Von letzterem erwarte ich aber nicht, dass er die 〈wiss[enscha]ftlich〉 experi-
mentelle Forschung erheblich beleben könnte. Exner und Lecher sind (wol aus per-
sönlichen Gründen) entschieden gegen
Ehrenhaft.[7]
Eine Verwicklung der Sachlage entspringt aus folgendem. Jäger, der gegenwär-
tig theoretische Physik in ungefähr vier Semestern vorträgt, wünscht die Vorlesung
mit Experimenten zu halten und braucht dazu eine Erweiterung seines jetzt im we-
sentlichen nur aus der Bibliothek bestehenden Instituts. Wir haben gegenwärtig
überhaupt keine ausführliche Experimentalvorlesung über Physik für Physiker. Le-
cher liest zweisemestrig hauptsächlich für Mediziner, Exner einsemestrig für Phar-
mazeuten. Ich glaube mich daher dem Wunsch Jägers nicht widersetzen zu sollen,
zumal er für die Bedürfnisse der grossen Masse (der Lehramtskandidaten) ein guter
Lehrer ist. Für die neuere Entwicklung der theoretischen Physik kann durch jünge-
re Kräfte (Schrödinger,
Thirring)[8]
gesorgt werden.
Nun haben Lecher und Exner (offenbar, um Ehrenhaft übergehen zu können)
vorgeschlagen, Jäger zum Nachfolger Exners zu machen. Wie sie dann für theore-
tische Physik sorgen wollen, haben sie noch nicht gesagt. Ich habe aber Gründe an-
zunehmen, dass sie dafür Schrödinger in Aussicht nehmen. Demgegenüber habe
ich vorgeschlagen, Jäger auf seiner Stelle zu belassen, aber ihm einen Teil des Ex-
nerschen Instituts zu geben, ferner Ehrenhaft als Nachfolger Exners in dem verklei-
nerten Institut zu
bestellen.[9]
Hiedurch würde erreicht, dass wenigstens ein Labo-
ratorium sich in den Händen eines Physikers befände, der im Stande ist, einen
lebhaften Betrieb der Experimentalphysik anzuregen, und auch schwierigeren Ver-
suchen, wie sie die moderne Physik meist fordert, gewachsen ist. Ausserdem würde
Ehrenhaft eine selbständige Stellung und die für seine Arbeiten unerlässliche
räumliche Ausdehnung zu Teil. Jäger schätzt Ehrenhaft, will aber gegen die ande-
ren Physiker nicht Stellung nehmen und hat sich daher unter Berufung darauf, dass
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