D O C U M E N T 3 3 4 F E B R U A R Y 1 9 2 0 4 5 5
Wir können aber das geschlossene System auch etwas weiter auffassen, nämlich
dass sich Ein- und Ausfuhr bilanzieren lassen. Auch dann bleibt die Eigenenergie
konstant. So ist ein Warmblüter, der im Stoffwechselgleichgewicht gehalten wird,
in gewissem Sinne ein geschlossenes System.
Fasst man diesen Begriff etwa so auf, so besteht das ganze Universum aus dis-
kreten geschlossenen Systemen verschiedenster Grössenordnun[g]. Das Wichtig-
ste ist aber, dass jedes noch so kleine oder grosse System dieser Art eine eigene
Riemannsche Raum-Zeit darstellt mit eigener Konstante c. Alle diese Systeme ha-
ben ihre Maxwellschen Gleichungen und ihren Energieerhaltungssatz, d. h. dieje-
nigen physikalischen Grundlagen, auf denen die Relativitätstheorie aufgebaut ist.
4.) Diese Gedanken können zu Grunde gelegt werden einer noch fehlenden ein-
heitlichen Physik der Gestirn- und Atomsysteme. Die jedem System charakteristi-
sche Grösse c deutet auf die typischen Eigenschaften der Atome, der Spectrallinien
von Elementen hin. Sie bestimmt die Kristalloptik, steht im Zusammenhang mit
der
Quantenhypothese[10]
(Gerad[e] die Mikrowelten könnten Riemannsche Syste-
me so starker raum-zeitlich[er] Krümmung liefern, dass die experimentelle Bestä-
tigung der Theorie hier leichter sein könnte, als in den grossen Bereichen. Insbe-
sondere kann vielleicht einmal über das Verhältnis der c-Grössen bei den
verschiedenen Stoffatomen etwas ausgesagt werden.)
5.) Hiernach stelle ich die Frage: Bezieht sich Ihre Relativitätstheorie nur auf
das ganze Weltall, oder ist sie giltig für alle im obigen Sinne geschlossenen Syste-
me, seien sie molarer oder molekularer Art?—worin ja auch das Gesammt-Univer-
sum eingeschlossen wäre.
Verträgt sich die Relativitätstheorie nicht mit der Annahme einer euklidischen
(Wohn-) Raum-Zeit, die im Vergleich zu den einzelnen Riemannschen Systemen
etwas Absoluteres darstellt, und wie steht es hier mit dem Innen und Aussen?—
Hochgeehrter Herr Professor! Sie sehen, dass ich der Meinung bin, dass Ihre
Theorie viel distinktere Geltungsbereiche hat, als aus dem darüber Bekannten her-
vorgeht, dass sie nicht nur für das Universum als Ganzes gilt, für das ich mir keine
absolute Konstante denken kann.
Die Antwort, „dann sind es eben andere Welten“, zeugt davon, dass die wahre
Bedeutung der Relativitätstheorie auch noch nicht in die Köpfe eingedrungen ist,
die sie rein mathematisch beherrschen.
Sehr dankbar wäre ich Ihnen, zu hören, ob und wie weit diese Ausdehnung der
Theorie möglich und rationell wäre, und ob ich recht damit habe, dass schon Ihre
bisherigen Theorie Alles das, was ich vorbrachte, in sich fasst.
In ausgezeichneter Wertschätzung
San Rat Dr Albert Fleck
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