D O C . 2 0 8 S O U N D R E C O R D I N G 3 2 7 208. Sound Recording for the Prussian State Library [Berlin, 6] Februar 1924[1] Von der Jugend an war mein ganzes wissenschaftliches Streben auf die Vertie- fung der Grundlagen der Physik gerichtet philosophische Gesichtspunkte und Be- dürfnisse im engeren Sinne wirkten nur sekundär auf mich. Von diesem Streben und seinen bisherigen Resultaten gebe ich hier einen kurzen Bericht, indem ich al- les weglasse, was mich nur gelegentlich oder gewissermassen zufällig beschäftigte. Mein erstes Problem lag in der scheinbaren Unvereinbarkeit des Gesetzes der Lichtausbreitung bezw. der Lorentzschen Theorie[2] mit der erfahrungsmässig gül- tigen Gleichwertigkeit aller Inertialsysteme. Nach siebenjährigem vergeblichem Nachdenken (1898–1905) kam mir plötzlich die Lösung mit dem Gedanken, dass unsere Begriffe und Gesetze über Raum und Zeit nur insofern Geltung beanspru- chen dürfen, als sie mit den Erlebnissen in klaren Beziehungen stehen, und dass die Erfahrung sehr wohl dazu führen könne, dass wir diese Begriffe und Gesetze abän- dern. Durch eine Revision des Begriffes der Gleichzeitigkeit und der Gestalt starrer Körper gelangte ich so zur speziellen Relativitätstheorie, deren vierdimensionale mathematische Formulierung allerdings erst drei Jahre später von Minkowski ge- funden wurde.[3] Bei dem Versuche, das Gesetz der Gravitation der speziellen Relativität einzu- gliedern, drängte sich mir Ende 1907 die Überzeugung auf, dass der Raumzustand eines Gravitationsfeldes identisch sei mit dem Zustand eines von einem Gravitati- onsfelde freien Raumes, wenn dieser nur auf ein beschleunigtes Koordinatensystem (im Sinne der klassischen Mechanik) bezogen wird.[4] Diese Erkenntnis, kurz als Aequivalenzprinzip bezeichnet, in Verbindung mit der natürlichen Tendenz, das Relativitätsprinzip zu verallgemeinern führten mich zur allgemeinen Relativitäts- theorie, deren Fundament erst Ende 1915 widerspruchsfrei gelegt werden konnte.[5] Die Hauptschwierigkeit lag in dem Versagen der euklidischen Geometrie und in der Schwierigkeit, ohne Zugrundelegung dieser den physikalischen Gesetzen doch ei- nen klaren Sinn zu geben.[6] Das andere grosse Problem, mit dem ich mich seit etwa 1900 befasst habe, ist das der Strahlungs- und Quantentheorie. Angeregt durch Wiens und Plancks For- schungen erkannte ich, dass Mechanik und Elektrodynamik in einem unlösbaren Widerspruch zu den Erfahrungstatsachen stehen und trug dazu bei, jenen Komplex von Ideen zu schaffen, der unter dem Namen Quantentheorie bekannt ist und der
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