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bestimmten Punkt auf der Ebene aller Möglichkeiten. Einem Gegenstande, der von
dem Erfindungsgedanken eines Patentes Gebrauch macht, wollen wir durch einen
Punkt dargestellt denken, der im Innern des zugehörigen Gebietes G liegt.
Besässe der Erfinder des zum Gebiet G gehörigen Patents eine vollkommene
Übersicht über alle möglichen Ausführungen und Anwendungen seines Erfin-
dungsgedankens, so wäre der Patentinhaber ohne Zweifel als der unbedingte
geistige Besitzer aller Ausführungsmöglichkeiten seines Erfindungsgedankens an-
zusehen. In Wahrheit pflegt aber der Erfinder die seiner Erfindung entsprechenden
Ausführungs- und Anwendungs-Möglichkeiten niemals vollständig zu übersehen.
Er kennt gewissermassen nicht alle Punkte seines Gebietes G, sondern nur eine
gewisse endliche Zahl von Punkten dieses Gebietes. Es kann nun Ausführungen
bezw. Anwendungen des Erfindungsgedankens geben, an welche der Erfinder
selbst nicht gedacht hat, und welche neue eigenartige technische Vorteile mit sich
bringen (Auffindung vom Erfinder nicht gesehener wertvoller Punkte P bezw.
Punktbereiche des Gebietes G). Man kann in diesem Falle von einer „abhängigen
Erfindung“ sprechen. Über die Frage, ob einem Erfinder einer „abhängigen Erfin-
dung“ Rechte zuzusprechen seien, habe ich nicht zu erörtern; denn dies ist Sache
der Juristen.
Ich möchte nur meiner Ansicht Ausdruck geben, dass es sich beim Drexler-Steu-
erzeiger um eine „abhängige Erfindung“ handelt. Abhängig deshalb, weil der
Drexler-Steuerzeiger wie (als Er
…[7]
) der Patentgegenstand 301738 zur Konsta-
tierung von Wendungen des Flugzeugs dient, weil er ferner zur Konstatierung von
Wendungen sich eines Horizontalkreisels mit zwei Freiheitsgraden bedient; Erfin-
dung deshalb, weil sich der Drexler-Steuerzeiger im Gegensatz zum Erfinder des
Patentes 301738 eines der Wirkung der relativen Schwerkraft entzogenen Kreisels
bedient. Dadurch wird nämlich der Vorteil erzielt, dass die Wendungen durch die
Angabe eines Zeigers statt durch die Differenz der Angaben zweier Zeiger ange-
zeigt werden; dadurch aber wird eine Erhöhung der Sicherheit und Exaktheit der
Angaben zweifellos erzeugt, wie in dem Seligsohn’schen Gutachten vom 5. Juni
zutreffend dargelegt wird. Es scheint unzweifelhaft, dass der Erfinder des Patentes
301738 auf diese Möglichkeit hingewiesen hätte, wenn er sich derselben bewusst
geworden wäre.
Es ist natürlich keine einfache Sache, den selbständigen Wert einer „abhängigen
Erfindung“ abzuschätzen, und ich habe zu einer solchen Abschätzung auch keinen
Auftrag. Ich möchte mich hier nur auf folgendes Haupt-Ergebnis beschränken:
[p. 7]
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