232 DOCUMENT 199 MARCH 1910 nicht stichhaltig. Andererseits ist aber der Hinweis auf meine und Plancks Betrachtungen über das Elektron vollkommen stichhaltig.- Ich bin sehr gerne hier in Zürich. Prof. Kleiner,[3] der Chef unseres Insti- tuts, ist zwar kein grossartiger Physiker, aber ein prächtiger Mann, an dem ich meine Freude habe. Es scheint, dass wissenschaftliches Ansehen und Wert der Persönlichkeit nicht immer gepaart sind. Mir ist ein harmonischer Mensch mehr wert als der raffinierteste Formelreiter oder Anordnungs- austüftler. Und doch müssen Sie sich glücklich preisen, dass Sie bei Lenard sind,[4] zumal Sie ja-wie es scheint-ihn mit grossem Geschick zu behand- len verstehen. Er ist nicht nur ein geschickter Meister in seiner Zunft, sondern wirklich ein Genie. Die letzten relativitätstheoretischen Untersuchungen von Born und von Herglotz interessieren mich sehr.[5] Es scheint wirklich, dass es einen "star- ren" Körper mit 6 Bewegungsfreiheiten in der Relativitätstheorie nicht gibt.[6] In meinem Vortrag in Salzburg[7] finde ich nichts, für was ich nicht einste- hen zu können glaube. Manches ist zu wenig ausführlich behandelt und nicht genügend begründet. Aber alles weiss ich zu begründen. Teilen Sie mir nur frei von der Leber weg Ihre Bedenken mit. Die Quantentheorie steht mir fest. Meine Voraussagungen inbetreff der spezifischen Wärmen scheinen sich glänzend zu bestätigen.[8] Nernst, der eben bei mir war und Rubens sind eifrig mit der experimentellen Prüfung beschäftigt,[9] sodass man bald darüber ori- entiert sein wird. Bezüglich der Quanten habe ich schon Interessantes gefun- den, aber noch nichts Fertiges. Es geht zum Teil deshalb langsam vorwärts, weil mich mein Amt zwingt, mich mit allen Gebieten der Physik gründlich auseinanderzusetzen. Ich empfinde diese Pflicht aber als eine durchaus ange- nehme. Nach Heidelberg kann ich jetzt nicht kommen, weil ich weder Zeit noch Geld zum Reisen habe.- Der Streit zwischen Stark und Sommerfeld ist un- erquicklich.[10] Stark hat wieder einmal gediegenen Mist produziert, Sommer- feld wohl die Beweiskraft jenes Phänomens überschätzt beim Streiten kommt nie etwas Vernünftiges heraus. Es grüsst Sie bestens Ihr A. Einstein Meine Frau und der Kleine lassen bestens grüssen. Grüssen Sie Hertz[11] bestens. TTrL (SzZE Bibliothek, Hs. 304:58). [15 485]. Transcribed by the recipient. [1]Max Abraham was Extraordinary Professor of Rational Mechanics at the Istituto Tecnico Superiore in Milan. He had perhaps criticized Laub's paper on dispersion phenomena in gases, Laub 1909b (see note 2). Earlier Abraham had criticized Einstein's and Laub's joint work on macroscopic relativistic electrodynamics (see Doc. 143).
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