DOCUMENT 310 NOVEMBER 1911 355 werde aber gewiss daran denken. Vor kurzem erhielt ich eine schöne Abhand- lung von Adams über die spektrographische Bestimmung der Rotationsdauer der Sonne.[6] Darin stehen prachtvolle Reproduktionen von Aufnahmen mit so grosser Dispersion, dass = 8 mm Alle Linien sind unscharf, verwa- schen, gerade so wie sie aussehen sollten wenn sie bloss durch anomale dispersion hervorgerufen wären. Ihre Breite ist durchaus verschieden, beruht also nicht bloss auf technische Fehler oder auf ungenaue Fokussierung. Ein feiner dunkler Kern (wahre Absorptionslinie) ist aber überhaupt nicht zu erkennen, in keiner der engeren Linien (jedenfalls nicht in dieser Reproduk- tion.) Würde das bedeuten dass bei den schwächeren Linien die echte Ab- sorption allzu monochromatisch ist? Ich wage es nicht, das zu glauben, denn es wäre eine zu schöne Bestätigung meiner Theorie der Fraunhofer'schen Linien.[7] Sie haben recht dass die Kernlinien wenn sie sichtbar wären nach Ihrer Theorie alle eine Rotverschiebung erleiden sollten,[8] nach meiner Erklärung dagegen nicht.[9] (Letzteres freilich mit der Ausnahme, dass bei den sehr star- ken Linien wie H und K, wo sogar das Gebiet zwisschen Maximum und Mi- nimum der Dispersionskurve vielleicht zur Beobachtung gelangt, auch die Kernlinie Asymmetrie und also Verschiebung zeigen kann,[10] wie es tatsäch- lich nach den Untersuchungen von St. John und Deslandres[11] der Fall ist.) Wie steht es nun aber mit den mässig starken Linien des Sonnenspektrums die breite verwaschene Ränder zeigen und in denen der dunkle Kern sehr wohl zu unterscheiden ist? Dazu gehören die Wasserstofflinien, Calcium X 4227, die D-Linien des Natriums, die b-Linien des Magnesiums. Natürlich hat man, um eventuelle Verschiebung solcher Linien zu studieren, die Auf- merksamkeit speziell auf den dunklen Kern gerichtet und da hat sich nun wirklich herausgestellt dass gerade diese Linien die Rotverschiebung nicht zeigen! (Adams, An investigation of the displacements of the spectrum lines at the sun's limb, Contrib. from the Mount Wilson Solar Observatory No 43, p. 7. und Astrophysical Journal 31 p. 36 (1910)).[12] Adams selbst betrachtet dieses Resultat als streitig mit meiner Auffassung (ibid. p. 28) [13] er hat aber offenbar den Zusammenhang nicht ganz verstanden. Mir scheinen gerade die- se Beobachtungen ganz ungezwungen aus der Dispersionstheorie erklärbar zu sein.[14] Es wäre höchst interessant wenn man auf Mount Wilson das reiche Beob- achtungsmaterial nicht ausschliesslich aus den Gesichtspunkten der Druck- und Doppler- und Zeeman- effekte, sondern auch einmal mit Rücksicht auf die möglichen Folgen von Gravitation und anomaler Dispersion untersuchte.
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