7 3 2 D O C U M E N T 4 4 0 M A R C H 1 9 2 3 nun schriftlich, so gut es geht, die mündliche Aussprache meinerseits zu ersetzen versuchen. Wie ich ebenfalls schon Fräulein Ilse sagte, betreffen meine I[n]formationen zu- nächst die Regelung Ihrer Vertretung während Ihrer Ostasienreise. Und zwar liegt die Sache m. E. durchaus nicht so, als sei die Kommission an sich oder in einer ent- scheidenden Mehrheit damit unzufrieden.[2] Vielmehr ist gerade das der Grund, weshalb ich dringend um Zurückhaltung über meine Quellen gebeten worden bin, dass nach ihnen in der bisherigen Weise unsere deutschen Interessen zu Gunsten und zur Genugtuung mancher unserer Gegner in Nachteil zu geraten drohen. Und wie man meint, ist diese Frage auch in Zukunft dank den vorliegenden und zu er- wartenden Auslandseinladungen an Sie sowie dank der zunehmenden Häufung von Kleinarbeit, die Ihnen nicht liegt und Ihrer vielleicht auch nicht würdig ist, offen. Die Leute, die mir als eine Art von privatem Bindeglied auswärtiger und wissen- schaftlicher Angelegenheiten diese Auffassung vorlegten, haben mich nun gefragt, ob ich es für möglich hielte, sie auch Ihnen, hochverehrter Herr Professor Einstein, in loyaler und unmissverständlicher Form vorzulegen, und wir sind übereingekom- men, dass das möglicherweise am besten in Gestalt eines bestimmten Vorschlags geschieht, den Sie nach Belieben annehmen oder fallen lassen mögen, für dessen Ausführung Sie aber jedenfalls drüben das Feld einigermassen vorbereitet finden würden. Wie ich hörte und Max Wertheimer mir bestätigt, hatten Sie diesen gebe- ten, Ihnen als ein jüngerer Helfer bei den Kommissionsarbeiten zur Seite zu stehen, aber von ihm aus Gründen, die wir nach manchem seither Erfahrenen mehr ein- leuchten müssen als seinerzeit Ihnen, eine Absage erhalten.[3] Infolgedessen geht mein Vorschlag, den ich so viel lieber Auge in A[uge] mit Ihnen erörtert hatte, dahin, Sie möchten, wenn Sie es für gut halten, mich selbst den Völkerbundsrat für eine solche Assistentur vorschlagen.[4] Sie glauben mir, dass nur der Ausschluss anderer vertraulicher Wege meine Bedenken überwunden hat, mich Ihnen so selber zur Verfügung zu stellen, und auch jetzt noch hält meine (durch ein nicht immer glückliches Privatleben gesteigerte) Empfindlichkeit und Furcht vor Missdeutung meiner Bereitschaft und Lust zu einer solchen Tätigkeit so sehr die Wage, dass nur die Hoffnung, als äusserlich Ihnen Fernerstehender, inner- lich desto herzlic[her] Ergebener, als Vertreter einer zweiten grossen Wissen- schaftsgruppe, als Kenner von Sprachen und auswärtigen Dingen, nicht zuletzt vielleicht als „Goj“ Ihnen und der Sache nicht unnütz zu sein, mich zu diesen Zei- len bestimmt hat. Und schon Ihr Schweigen wird mich mit einer gewissen Erleich- terung von diesem glatten Boden zurücktreten lassen.
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