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Systemen bewegt ist. Dagegen wäre es a priori sehr wohl möglich dass ein Koor-
dinatensystem K in physikalischer Beziehung gegenüber allen anders bewegten
Koordinatensystemen ausgezeichnet wäre. Dies wäre dann der Fall, wenn die
Naturgesetze in ihrer einfachsten Form gegenüber einem Koordinatensystem K,
gültig, gegenüber allen anders bewegten Koordinatensystemen aber ungültig wä-
ren. Ist aber umgekehrt die Gültigkeit der Naturgesetze nicht an ein bestimmtes
Koordinatensystem gebunden, so kann man sagen, dass die Bewegung (der Koor-
dinatensysteme) nicht nur in rein ákinematischerñ begrifflicher Beziehung (was
selbstverständlich ist) sondern auch in physikalischer Beziehung nur relativ
sei.[2]
Während aber in kinematischer Beziehung alle Bewegungszustände einander
gleichwertig sind, sind nach der klassischen Mechanik gewisse Bewegungszustän-
de ausgezeichnet. Es gelten nämlich die Bewegungsgesetze ausser inbezug auf ein
bestimmtes Koordinatensystem K nur inbezug auf solche Koordinatensysteme ,
welche gegenüber K in gleichförmiger Translationsbewegung begriffen sind (Iner-
tialsysteme), nicht aber bezüglich gegenüber K anders bewegter Koordinatensyste-
me. Man sagt in diesem Sinne, die Mechanik genüge nur dem speziellen Relativi-
tätsprinzip. Die auf das spezielle Relativitätsprinzip gegründete Theorie heisst
spezielle Relativitätstheorie.
Das Relativitätsprinzip spielt in der Relativitätstheorie eine ähnliche Rolle wie
das Prinzip vom ausgeschlossenen Perpetuum mobile in der Thermodynamik. Man
sucht auf mathematisch formalem Wege die Beschränkungen aufzufinden, wel-
chen die Naturgesetze gemäss dem Relativitätsprinzip unterworfen
sind.[3]
Ist das spezielle Relativitätsprinzip ein allgemeines Naturgesetz, oder ist seine
Gültigkeit auf die Mechanik beschränkt? Die Erfahrung spricht unbedingt für die
Allgemeingültigkeit des Prinzipes. Um dies einzusehen stellen wir uns für einen
Augenblick vor, das spezielle Relativitätsprinzip gelte nicht. Dann gibt es ein Ko-
ordinatensystem K von bestimmtem Bewegungszustande, relativ zu welchem die
Naturgesetze in ihrer einfachsten Form gelten. Dieselben Gesetze gelten auch re-
lativ zu jedem andern rechtwinkligen Koordinatensysteme, welches relativ zu K
ruht. Dagegen gelten inbezug auf ein gegen K in gleichförmiger Translationsbewe-
gung begriffenen System andere Gesetze. In diese Gesetze, welche relativ zu
gelten, werden in diesem Falle Richtung und Grösse der Relativbewegung von
gegen K eingehen. Ein solches System wäre z. B. ein mit der Erde verbun-
dens Koordinatensystem, insofern man von der Erddrehung und von dem Umstan-
de abstrahiert, dass die Bewegung der Erde keine gradlinig-gleichförmige ist. Denn
die Erde hat infolge ihrer jährlichen Bewegung um die Sonne eine Geschwindig-
keit von etwa 30 km/sek, deren Richtung im Laufe des Jahres wechselt, ganz abge-
sehen von einer vermutlichen zusätzlichen Geschwindigkeit, welche das Sonnen-
system als Ganzes gegenüber dem bevorzugten System K (falls es ein solches gibt)
K′
[p. 3]
K′
K′
K′ K′
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