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ist eine schreckliche Verantwortlichkeit, welche Sie übernommen haben, und mö-
gen die Folgen für Sie nicht allzu schlimm sein! Dabei spielt Ihr Freund Grossmann
eine sonderbare Rolle, und die kleine Rede, die er in Strassburg nach meinem Vor-
trag gehalten hat, ist wohl bemerkt
worden.[2]
Man ist nicht gewöhnt in der heiteren
Atmosphäre der Mathematiker solche Worte zu hören, und dort kennt man nur ob-
jektive Begründungen. Es ist zum Tode lachen wenn man in einem Mathematiker-
kongress hört, „eine Identität sei für Mathematiker nicht
interessant“![3]
Emile
Picard[4]
hatte doch das Wort von
Lagrange[5]
in Erinerung gebracht: „Die Mathe-
matik ist wie das Schwein; alles ist daran gut!“ In seiner Schlussrede, hat Picard
eine Anspielung auf die Haltung Grossmanns gemacht: „Certains ne peuvent parler
sans passion de cette théorie qui est devenue pour eux, comme une sorte de religi-
on. L’avenir dira si la theorie générale de la relativité est autre chose qu’une con-
struction purement formelle et mathématique ou bien si les psychologues ont rai-
son, qui considèrent que des hypothèses incapables d’être saisies par l’intuition, ne
sont pas susceptibles d’être à la base d’une explication du monde
physique.“[6]
Sagen, dass Sie „meine“ Theorie nicht verstehen, ist ebenso unsinnig, wie zu
sagen, dass Sie die Eigenschaften einer Kurve in Cartesischen begreifen, in Polar-
koordinaten aber nicht! Es handelt sich doch ja um bloss eine Variabeländerung!
Alles was ich gebe, sind nur mathematisch strenge Konsequenzen der Lorentz-
transformation, und wenn ich keine Rechnungsfehler gemacht habe, müssen alle
von mir abgeleiteten Beziehungen eine Deutung haben, und zur Relativitätstheorie
gehören.
Ihr Hauptirrtum besteht darin, dass Sie sich nie eine klare Vorstellung einer
Lichtquelle gemacht haben. Eine Lichtquelle ist für Sie etwas „materielles“ (Lam-
pe, Stern, etc). Was man in die R. T. einführen muss, ist der geniale Gedanke von
Huyghens, nach welchem jeder Punkt einer Welle als Lichtquelle anzusehen ist.
Dann wird alles klar
Betrchten wir das Beispiel des Bahndammes und des Zuges Ihres „Gemeinver-
ständlichen“
Werkchen,[7]
und nehmen wir zuerst die Emissionshypothese
an.[8]
Dann sendet ein leuchtender Punkt L nach allen Richtungen Lichtteilchen mit der
konstant Geschwindigkeit c in Bezug auf den Bahndamm (1). Um die Geschwin-
digkeit in Bezug auf den Zug (2) zu ermitteln, brauchen wir nur die Zusammenset-
zung nach dem Parallelogramm durchzuführen. Wie sind jetz die Verhältnisse nach
der Relativitätstheorie? Ganz einfach. Wir brauchen nur die Lorentzche Gleichung:
in Anspruch zu nehmen. Dann: stellt eine Kugel dar, während in Be-
zug auf den Bahndamm die Welle nach der Gl.:
u1 u2 dx2 + u2 1
2
cos + = =
u1 const. =