1 2 8 D O C U M E N T 7 2 S E P T E M B E R 1 9 2 5 wird es versuchen bei Gelegenheit von Berliner besuchen sich mit Ihnen in Verbin- dung zu setzen, und ich glaube, dass die Mühe, ihm neue Theorien zu erklären, sich lohnen wird, denn er wird alles verstehen. Er ist in der That ein Mann von einer ungewöhnlichen, frühreifen mathematischen Begabung und zum aussarbeiten von schwierigen Spezialfällen ausserordentlich geeignet. Sie fragen nach den neuen Experimenten über Aetherwind, die bei uns begon- nen worden sind.[3] Weder Millikan[4] noch mir kommt hierbei ein Verdienst zu, da die Idee ganz von dem betreffendem Praktikanten Namens Kennedy stammt.[5] Es handelt sich um die folgende Modification des Michelsonschen Versuches. Ein Lichtbündel wird durch einen Nichol in ein ordentliches und ausserordentliches zerlegt. Das eine wird Nordsüdlich das andere West-östlich geleitet. Dann werden sie wieder vereinigt. Der Verzögerung des einen Lichtweges um eine Wellenlänge entspricht dann eine Drehung der Polarizationsebene um 360°. Es sieht so aus, als ob diese Methode ausserordentlich empfindlich sei. Aber Michelson meint,[6] dass wegen Sekundäreffekten die Empfindlichkeit der seines Apparates gleich sein wird. Immerhin ist es eine interessante Variation. Miller ist seit einiger Zeit auf dem Mount Wilson und ich hatte Gelegenheit aus- führlich mit ihm zu sprechen.[7] Je länger ich mir das Gespräch überlege, desto be- stimmter wird in mir der Eindruck, dass die Geschichte Humbug ist, denn er versteht offenbar seine Resultate absolut nicht. Z. B. glaubt er und erzählt es einem jedens, dass sein Effect eine regelmässige Funktion der Tageszeit ist. In dem, aller- dings sehr beschränkten, Zahlenmaterial, dass er mir mitgeteilt hat, kann ich aber nichts derartiges entdecken. Die Richtung steht vielmehr relativ zu seinem Häus- chen wie festgenagelt und entspricht keiner möglichen Projektion eines hypotheti- schen Aetherwindes. Zudem wechselt er seine Angaben alle vierzehn Tage. So ist z. B. das neueste, dass kein Differentialeffekt zwischen Cleveland und Mt. Wilson existiert, wenn man dort im Freien arbeitet. Dagegen ist der Unterschied zwischen Messungen im Freien und im Keller erheblich!![8] Michelson ist, natürlich, in sei- nen Äusserungen sehr reserviert. Das einzige, was ich aus ihm heraus bekommen habe, ist dass Miller, seiner Ansicht nach, die Versuchsbedingungen nicht genü- gend variiert. Auf Ihre neue Theorie bin ich ausserordentlich gespannt.[9] Indem ich mich Kollegen Laue[10] bestens zu empfehlen bitte, verbleibe ich Herzlichst Ihr ganz ergebener Paul S. Epstein ALS. [10 566]. The letter is written on letterhead “California Institute of Technology, Pasadena, Nor- man Bridge Laboratory of Physics.” [1]Einstein had declined Robert Millikan’s invitation to the California Institute of Technology in Doc. 58. [2]Howard P. Robertson (1903–1961). His dissertation was published as Robertson 1925.
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