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THEORY
OF WATER
WAVES
DIE
NATURWISSENSCHAFTEN
Herausgegeben von
Dr. Arnold Berliner
und
Prof.
Dr. August Putter
Vierter Jahrgang. 25.
August
1916. Heft
34.
Elementare Theorie
der
Wasserwellen
[1]
und des Fluges.
Von
A. Einstein, Berlin-Wilmersdorf.
Worauf beruht
die Tragfähigkeit der
Flügel
unserer
Flugmaschinen
und der
im
Gleitflug durch
die
Luft
dahingleitenden Vögel?
Uber diese
Frage
herrscht vielfach Unklarheit; ja ich muß
sogar
gestehen, daß
ich ihrer einfachsten
Beantwortung
auch in der Fachliteratur
nirgends begegnet
bin.
Ich hoffe
daher,
manchem Leser ein
Vergnügen
zu
machen,
indem ich mit der
nachfolgenden
kleinen
Betrachtung
aus
der
Theorie
der
Flüssig-
keitsbewegungen
diesem
Mangel
abzuhelfen suche.
Durch
eine
nach
rechts hin
(Fig.
1)
sich
ver-
engende
Röhre ströme in der
Pfeilrichtung eine
inkompressible Flüssigkeit.
deren innere
Reibung
wir
vernachlässigen.
Wir
fragen
nach der Druck-
verteilung
in der Röhre. Da durch
jeden Quer-
schnitt
pro
Zeiteinheit dieselbe
Flüssigkeitsmenge
hindurchströmen
muß,
so
wird die
Strömungs-
geschwindigkeit
q
an
den Stellen
größten Quer-
schnitts
am
kleinsten,
an
den Stellen kleinsten
Querschnitts
am
größten
sein. Die
Geschwindig-
Fig. 1.
keit der
Flüssigkeitsteilchen
wird
also bei Fig.
1
bei L
am
kleinsten sein und wird nach rechts hin
gegen
R
stetig
wachsen. Diese
Beschleunigung
der
Flüssigkeitsteilchen
kann nicht anders
als
durch
die auf
sie
wirkenden
Druckkräfte
erzeugt
werden. Damit das
momentan zylindrische
Flüssigkeitsteilchen
F eine nach rechts beschleu-
nigte Bewegung ausführe;
muß bei
A
auf
seine
Rückfläche ein
größerer
Druck wirken als bei B
auf seine Vorderfläche. Der Druck in
A
über-
trifft
den Druck in
B.
Durch
Wiederholung
dieser Schlußweise
ergibt sich,
daß
in
der
Röhre
von
L
nach
R
hin der Druck
stetig
abnimmt. Die-
selbe Druckverteilung (Abnahme des
Druckes
von
L nach
R)
finden wir durch
analoge
Betrachtung
auch bei
umgekehrter Strömungsrichtung
der
Flüssigkeit.
Verallgemeinernd
können wir
folgenden
längst
bekannten Satz der
Hydrodynamik reibungsloser
Flüssigkeiten
aussprechen. Verfolgen
wir
ein
Flüssigkeitsteilchen
einer stationären
Strömung
auf seiner
Bahn,
so
ist
der
Druck
p
stets
da
größer,
wo
die
Geschwindigkeit
q
kleiner
ist,
und
um-
gekehrt.
Quantitativ
ist dieser Satz
für
inkom-
pressible
Flüssigkeiten
bekanntlich durch die
Gleichung
p
=
konst
- 1/2
p
q2
ausgedrückt,
wobei
p
die Dichte der
Flüssigkeit
bedeutet.
Wir
betrachten zunächst
einige allgemein be-
kannte
Beispiele
zu
diesem Satz. Ausfluß einer
unter
Druck stehenden Flüssigkeit
aus
einem Ge-
fäße
(Toricelli). Bei J
(Fig.
2)
ist der Druck
größer,
die
Geschwindigkeit dagegen
kleiner als
bei
A,
derart,
daß
p
+
1/2
p q2
während
des
Ausströmens konstant ist.
Als zweites
Beispiel
diene der
Flüssigkeits-
Zerstäuber
(Fig. 3).
Der durch L
zugeführte
Luftstrom erweitert sich nach seinem
Austritt
in
die freie Luft nach allen Seiten
unter
Abnahme
seiner
Geschwindigkeit.
Bei P
herrscht
deshalb
ein
geringerer
Druck
als bei
G,
also
auch ein
ge-
Fig.
2.
Fig.
3.
ringerer
Druck als in der
umgebenden
ruhenden
Luft. Durch diesen
Unterdruck bei P wird
Flüssigkeit
durch die
Steigröhre
S
aus
dem
Ge-
fäß
G
empor gesaugt
und durch den Luftstrom in
kleinen
Tröpfchen mitgerissen. (Daß
es
sich
um
einen Luftstrom und nicht
um
einen Strom in-
kompressibler
Flüssigkeit
handelt,
ändert nichts
Wesentliches
an
der
Betrachtungsweise.)
Nach diesen
Vorbereitungen
wenden wir
uns
der
Betrachtung
der Wasserwellen
zu.
Es
sei W (Fig.
4)
eine senkrecht
zur
Papierebene zylindrische wellenförmige
feste
Wand,
welche einen
von
links nach
rechts laufenden
Flüssigkeitsstrom einseitig be-
grenzt.
Wir
fragen
nach
den
Druckkräften,
welche die
Flüssigkeit
auf die Wand ausübt. Es
ist
klar,
daß der der
Flüssigkeit dargebotene
Strömungsquerschnitt
an
den Stellen B
größer
ist
als
an
den Stellen
T.
Die
Flüssigkeit
wird also
bei B
langsamer,
bei T rascher strömen als
an
Stellen
des Flüssigkeitsinnern,
die weit
von
der
Wand
W
abliegen.
Die
Flüssigkeitsströmung
wird
also
bei B einen
Überdruck,
bei T einen Unter-
Nw.
1916. 74