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dass, wenn wir uns eines derartigen Inertialsystems bedienen, diese Gesetze eine besonders
einfache Gestalt annehmen. Vom rein philosophischen Standpunkt aus ist diese Auffassung
recht unbefriedigend, denn wenn es nicht schon einen bevorzugten Bewegungszustand gibt,
in physikalischer Bezeichnung, so moechte man annehmen, gibt es ueberhaupt keinen be-
vorzugten Bewegungs-Zustand. Aber selbstverstaendlich ist dieses nur ein aesthetisches
Motiv und gegenueber diesem gibt es ein ausserordentlich starkes Bedenken gegen die
Moeglichkeit eines [ ], das Relativitaetssystem waere nicht gleichfoermige Relativi-
taet. Dieses Bedenken gruendet sich auf das Fundament der Mechanik. Der fundamentale
Satz der Mechanik ist das Prinzip der Traegheit und der sagt aus, dass in bezug auf ein In-
ertialsystem ein sich selbst ueberlassener Massenpunkt, der mit andern Massen nicht in
Wechselwirkung steht, sich gradlinig, gleichfoermig bewegt. Also in bezug auf das System
K. muesse ein bestimmter sich selbst ueberlassener Massenpunkt sich gradlinig, gleich-
foermig bewegen. Nun sieht man sofort, dass dieses Traegheitspinzip nicht gelten kann in
bezug auf definitiv bewegte Koordinationssysteme, denn wenn wir uns auf das Koordina-
tions-System K Strich beziehen und jetzt nicht sagen, dass das K System K Strich eine
gleichfoermige Bewegung beschreibt sondern eine rotierende Bewegung im Sinne des Pfei-
les, dann werden wir, wenn wir von K Strich aus die Bewegung dieser Masse beschreiben
wuerden, finden, dass dieselbe Bewegung, welche von K aus betrachtet gleichfoermig,
gradlinig ist, von K aus betrachtet krummlinig ist, und wir koennen also sagen, wenn wir
bildlich gedachte Bewegungssysteme zulassen, dann kann jedenfalls die Mechanik in ihrer
klassischen Form nicht einmal in ihrem Fundament aufrecht erhalten werden, sondern es
muss einer tiefen Aenderung der Mechanik beduerfen, um mit den Erfahrungen im Ein-
klang zu bleiben. Man moechte ja schliessen aus der Ungueltigkeit des Traegheitspinzips
in bezug auf das System K Strich, dass wir uns des Systems K Strich nicht bedienen
duerfen, aber dieser Schluss waere unrichtig, weil wir nicht wissen, ob das Traegheitsprin-
zip die [ ] oder ob das nur eine gewisse Art von Annaehrungsausdruck ist, wie ihn die
bisherige Physik gebraucht hat. Es gibt tatsaechlich eine sehr wichtige und allgemeine Er-
fahrungs-Tatsache, welche uns dazu ermutigt zu glauben, dass eine Verallgemeinerung des
Relativitaets-Prinzips durchaus den Gesetzen der Natur konform ist. Diese allgemeine Er-
fahrungs-Tatsache ist wie folgt: Es ist aus der Geometrie bekannt, dass in dem Gravitati-
onsfeld der Erde an einer Stelle der Erdoberflaeche die Koerper alle mit derselben Be-
schleunigung fallen, ohne Ruecksicht darauf, aus was fuer einem Material die Koerper
bestehen. Wenn ich zu gleicher Zeit einen Koerper aus Holz und einen aus Blei fallen lasse,
dann wird, abgesehen vom Luftwiderstand, das Gesetz des Falles fuer diese beiden Koerper
ganz genau dasselbe sein. Diese Tatsache laesst sich an dem [ ] der Cl’schen Mecha-
nik auch noch anders ausdruecken. Wir sprechen von zwei verschiedenen fundamentalen
Eigenschaften der Materie, naemlich erstens von der Traegheit der Materie und zweitens
von der Schwere der Materie. Die Eigenschaften eines Koerpers, traege zu sein, oder viel-
mehr, wie sehr ein Koerper traege ist, wird durch eine Konstante gemessen, welche wir die
traege Masse des Koerpers nennen, das ist eine dem Koerper eigentuemliche Konstante,
welche durch Versuche ermittelt werden kann. Wenn wir auf eine auf bestimmte Weise ge-
spannte Feder der Reihe nach auf zwei verschiedene Koerper wirken lassen, dann werden
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