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gelten nur insoweit, als man von den Einfluessen der Gravitationsfelder auf die Erscheinun-
gen absehen kann.
Bei dem eben behandelten Beispiel der Lichtausbreitung haben wir gesehen, dass das
allgemeine Relativitaetsprinzip uns in dem Stand setzt, den Einfluss des Gravitationsfeldes
auf den Ablauf von Vorgaengen auf theoretischem Wege abzuleiten, deren Gesetze fuer den
Fall des Fehlens eines Gravitationsfeldes bereits bekannt sind.
Man stelle zwei gleich beschaffene Uhren, die eine in dem Mittelpunkte der Kreisschei-
be, die andere an der Peripherie derselben auf, so dass sie relativ zur Kreisscheibe ruhen.
Wir fragen uns zunaechst, ob diese beiden Uhren gleich schnell gehen vom Standpunkt des
nicht rotierenden Galileischen Bezugskoerpers K. Von diesem aus beurteilt, hat die Uhr im
Mittelpunkt keine Geschwindigkeit, waehrend die Uhr an der Peripherie infolge der Rota-
tion relativ zu K in Bewegung ist. Nach einem Ergebnis geht die letztere Uhr von K beurteilt
dauernd langsamer als die Uhr in der Mitte der Kreisscheibe. Dasselbe muesste offenbar
auch der Mann auf der Kreisscheibe konstatieren, den wir uns etwa als in der Mitte der
Kreisscheibe neben der dortigen Uhr sitzend vorstellen wollen. Auf unserer Kreisscheibe
und allgemeiner in jedem Gravitationsfelde wird also eine Uhr rascher oder langsamer lau-
fen, je nach der Stelle, in welcher die Uhr angeordnet ist.
Damit scheinen alle Ueberlegungen, welche wir bisher ueber allgemeine Relativitaet an-
gestellt haben, in Frage gestellt zu sein. In der Tat bedarf es eines subtilen Umweges, um
das Postulat der allgemeinen Relativitaet exakt anzuwenden.
Wir denken uns nun eine grosse Zahl gegen die Abmessungen der Tischplatte kleiner
Staebchen hergestellt, die alle gleich lang seien. Darunter ist verstanden, dass die Enden je
zweier davon zur Deckung gebracht werden koennen. Wir legen nun vier dieser Staebchen
auf der Tischplatte so aufeinander, dass ihre Enden ein Viereck bilden, dessen Diagonalen
gleich lang seien. Zur Erzielung der Diagonalengleichheit bedienen wir uns eines Probier-
staebchens. An dies Quadrat legen wir gleich Quadrate an, welche mit ihm ein Staebchen
gemein haben, an diese letzteren Quadrate ebenfalls, usw. Schliesslich ist die ganze Tisch-
platte mit Quadraten belegt, derart, dass jede Quadratseite in zwei Quadraten und jede Qua-
dratecke zu vier Quadraten gehoert. Stossen an einer Ecke bereits drei Quadrate zusammen,
so sind auch von dem vierten bereits zwei Seiten gelegt. Wie die beiden anderen Seiten
desselben gelegt werden muessen, ist dadurch schon vollkommen bestimmt. Jetzt kann das
Viereck aber nicht mehr zurechtgerueckt werden, damit seine Diagonalen gleich werden.
Sind sie es von selbst schon, so ist dies eine besondere Gunst der Tischplatte und der Staeb-
chen, ueber die ich mich nur dankbar wundern kann.
Ist wirklich alles glatt vonstatten gegangen, so sage ich, dass die Punkte der Tischplatte
ein Euklidisches Kontinuum mit Bezug auf das benutzte Staebchen als Strecke bilden.
Hebe ich eine Quadratecke als Anfangspunkt hervor, so kann ich jede andere Quadratecke
mit Bezug auf den Anfangspunkt durch zwei Zahlen charakterisieren. Ich brauche nur an-
zugeben, wie viele Staebchen ich nach “rechts” und wie viele darauf nach “oben” ich vom
Anfangspunkte zuruecklegen muss, um zu der ins Auge gefassten Quadratecke zu gelan-
gen. Diese zwei Zahlen sind denn die “Kartesischen Koordinaten” der letzteren mit Bezug
auf das durch die gelegten Staebchen bestimmte “Kartesische Koordinatensystem”.
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