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Begründung des guten Willens zur Herstellung internationaler wissenschaftlicher Bezie-
hungen benutzen zu können. Ferner sind nich nur privatim von Männern der Wissenschaft
und des öffentlichen Lebens Aeußerungen im Sinne des Verständigungswillens mir gegen-
über gemacht worden, sondern es hat insbesondere der Rektor des Kings College in London
bei einem für mich gegebenen offiziellen Essen nach meinem Vortrag in deutscher Sprache
den Verständigungswillen gegenüber den deutschen Gelehrten ausdrücklich verkündet und
dies war der einzige Inhalt seiner Rede, soweit sie sich auf Deutschland bezog.
Glauben Sie auch praktische Wirkungen dieser Geneigtheit zur Zusammenarbeit erwar-
ten zu können?
Einstein: Unbedingt! Nach meiner Ueberzeugung ist der gute Wille zur Heilung der
geschlagenen Wunden so gut wie allgemein vorhanden und es ist, trotz der durch begangene
Fehler geschaffenen unerfreulichen Situation zu hoffen, daß in absehbarer Zeit der normale
Zustand der Dinge wiederhergestellt wird.
Welchen Eindruck hatten Sie von den politischen und sozialen Verhältnissen in Amerika
und England?
Einstein: Soviel mir die vielfache Inanspruchnahme Zeit ließ, mich danach umzusehen,
hörte ich, daß bei all dem ungeheueren Reichtum Amerikas die Geschäftswelt zwar klagt;
indessen scheint die Krise nicht so ernst zu sein wie in England, wo Industrie und Ge-
schäftsleute gar nicht unglücklich über den großen Bergarbeiterstreik waren, weil er durch
Stillegung der Produktion die Lager räumte.
Wie ist denn die Volksstimmung gegen Deutschland, immer noch Haß oder Wandel?
Einstein: Die öffentliche Meinung der Volksmasse in Amerika steht noch erheblich
unter dem Eindruck der Kriegsliteratur. Ich war z. B. der erste, der es wagen konnte, vor
Hörern, die nicht von deutschen Korporationen eingeladen waren, deutsch zu sprechen, und
man hatte sogar gewisse Besorgnisse, ob es glatt ablaufen würde! Im allgemeinen ist aber
die Stimmung viel besser geworden, auch in England. In den unmilitärischen Ländern
angelsächsischer Zunge dürfte es auf die Dauer nicht unbeachtet bleiben, daß Deutschland
heute unter militärischem Druck steht. Wenn Deutschland nicht Fehler begeht, wird von
einem Haß gegen uns bald nicht mehr die Rede sein. Es ist nicht meine Sache, das zu kon-
statieren, aber es ist ja allgemein bekannt, daß England die Kriegsrüstung abgelegt hat.
Ihre Reise diente auch den Bestrebungen zur Errichtung einer jüdischen Heimstatt in Pa-
lästina?
Einstein: Der Zweck meiner Amerikareise war einzig und allein, die rein materielle
Grundlage zu schaffen für die Universität in Jerusalem; das ist auch gelungen, wenigstens
für die medizinische Fakultät, und ich zweifle nicht, daß sich das andere auch wird machen
lassen.
Soll diese Universität nur Juden zugänglich sein?
Einstein: Das ist meines Wissens nicht geplant. Aber da Hebräisch als Unterrichtsspra-
che vorgesehen ist, und bei den nationalen Tendenzen ihrer Gründer dürfte die Universität
praktisch wohl eine jüdische Hochschule werden.
Sie haben gewiß auch für die deutsche notleidende Wissenschaft etwas zu tun versucht?