DOC . 75 NOBEL LECTURE 127 3 starre Körper ist in der Natur nur approximativ verwirklicht, nicht einmal mit beliebiger Approximation dieser Begriff hält also der »Inhaltsforderung» nicht strenge stand. Ferner erscheint es logisch ungerechtfertigt, den star- ren bezw. festen Körper aller physikalischen Betrachtung voranzustellen, und ihn dann schliesslich mit Hilfe der physikalischen Elementargesetze wieder atomistisch aufzubauen, welche Gesetze doch wieder mit Hülfe des Be- griffes des starren Messkörpers konstruiert sind. Ich erwähne diese metho- dischen Mängel deshalb, weil sie in gleichem Sinne auch der Relativitäts- theorie in der schematischen Darstellung anhaften, die wir hier vertreten. Gewiss wäre es logisch richtiger, mit dem Inbegriff der Gesetze zu begin- nen und erst an diesen Inbegriff die »Inhaltsforderung» zu richten, das heisst die eindeutige Beziehung zur Erfahrungswelt an den Schluss zu stellen, statt sie in unvollkommener Form bereits bei einem künstlich isolierten Teil, nämlich der raum-zeitlichen Metrik zu verwirklichen. Wir sind aber in der Kenntnis der Elementargesetze der Natur nicht weit genug, um diesen vollkommeneren Weg einzuschlagen, ohne den festen Boden zu verlieren. Wir werden am Ende unserer Überlegungen sehen, dass in den neuesten Forschungen bereits ein auf Idéen von Levi-Civita, Weyl, Eddington sich [4] gründender Versuch vorliegt, jene logisch reinere Methode zu verwirklichen. Aus dem oben Gesagten geht nun auch deutlicher hervor, was unter »bevorzugten Bewegungszuständen» zu verstehen ist. Sie sind bevorzugt inbezug auf die Naturgesetze. Bewegungszustände sind bevorzugt, wenn in denselben befindliche Koordinatensysteme inbezug auf Formulierung der Naturgesetze dadurch ausgezeichnet sind, dass inbezug auf sie jene Gesetze eine durch Einfachheit bevorzugte Gestalt annehmen. Nach der klassischen Mechanik sind die Bewegungszustände der Inertialsysteme in diesem Sinne physikalisch bevorzugt. Man kann gemäss der ldassischen Mechanik zwi- schen (absolut) unbeschleunigten und beschleunigten Bewegungen unter- scheiden nach ihr haben ferner Geschwindigkeiten nur relative (von der Wahl des Inertialsystems abhängige), Beschleunigungen und Drehungen ab- solute (von der Wahl des Inertialsystems unabhängige) Existenz. Wir wollen dies so ausdrücken: Gemäss der klassischen Mechanik besteht »Ge- schwindigkeits-Relativität», nicht aber »Beschleunigungs-Relativität». Nach diesen Vorbereitungen gehen wir zum eigentlichen Gegenstand unserer Betrachtung, zur Relativitätstheorie, über, indem wir deren bisherige Ent- wicklung nach der prinzipiellen Seite hin charakterisieren, Die spezielle Relativitätstheorie ist eine Anpassung der Grundlagen der Physik an die Maxwell-Lorentz’sche Elektrodynamik. Aus der früheren
Previous Page Next Page