DOC.
17
PROBLEM OF GRAVITATION
493
Physik.
Zeitschr.
XIV,
1913.
Einstein,
Gravitationsproblem.
1255
all
ihren
Apparaten.
Sie
haben keine Kenntnis
davon,
wo
der
Kasten
angeordnet
bzw. ob
und
wie
er
bewegt
ist. Sie
konstatieren
nun,
daß
Körper,
die
sie in
die Mitte des Kastens
bringen
und
loslassen, alle
nach derselben
Richtung
-
sagen
wir
nach
unten
-
mit der allen
gemein-
samen Beschleunigung
7
fallen. Was können
die
Physiker
daraus schließen?
-
A
schließt
daraus,
daß der Kasten
ruhig
auf einem Him-
melskörper liege,
und daß die
Richtung
nach
unten diejenige
nach dem Zentrum des Himmels-
körpers sei,
falls
dieser
kugelförmig
sein
sollte.
B
aber vertritt den
Standpunkt,
daß der Kasten
durch eine außen
an
ihm
angreifende
Kraft
in
gleichförmig beschleunigter Bewegung
nach
"oben"
von
der
Beschleunigung
y
erhalten sein
könne;
ein
Himmelskörper
brauche nicht
in
der
Nähe
zu
sein.
Gibt
es
für die beiden
Physiker
ein
Kriterium,
nach dem
sie
entscheiden
könnten,
wer
recht hat? Wir kennen kein
derartiges
Kriterium,
aber wir wissen
nicht,
ob
es
kein
Kriterium
gibt.
Immerhin aber
spricht der
exakte Versuch
von
Eötvös über die
Gleichheit
der
trägen
und
der
schweren
Masse
dafür, daß
es
kein solches Krite-
rium gibt. Man
sieht,
daß
in
diesem Zu-
sammenhange
der
Eötvössche
Versuch eine
ähnliche
Rolle
spielt
wie
der Michelsonsche
Versuch bei der
Frage
der
physikalischen
Nach-
weisbarkeit
einer gleichförmigen
Bewegung.
Falls
es
für die beiden
Physiker
wirklich
prinzipiell
nicht unterscheidbar
ist,
welche der
beiden
Auffassungen
die zutreffende
ist,
kommt
der Beschleunigung
ebensowenig1)
eine abso-
lute
physikalische Bedeutung
zu
wie
der Ge-
schwindigkeit. Dasselbe
Bezugssystem
ist
mit
gleichem
Rechte
als
beschleunigt
oder
als
nicht
beschleunigt
zu
bezeichnen; je
nach der
gewählten
Auffassung
hat
man
dann aber ein
Gravitationsfeld als vorhanden anzusetzen, wel-
ches
zusammen
mit dem eventuellen Beschleu-
nigungszustand
des
Systems
die
Relativbewegung
frei
beweglicher
Körper
gegen
das
Bezugs-
system
bestimmt.
Der
Umstand,
daß
sich
in
nach
unserer
Auffassung unbeschleunigten Bezugssystemen
die
Körper
bei Vorhandensein eines Schwerefeldes
genau
so
verhalten, wie
wenn
das
Bezugssystem
beschleunigt
wäre, drängt
uns
dazu,
eine Aus-
dehnung
des
Relativitätsprinzips
auf den Fall
[32]
beschleunigter
Bezugssysteme
zu
versuchen.
Vom mathematischen
Standpunkt
aus
kommt
dies darauf
hinaus,
daß
wir
eine Kovarianz
der
die
Naturgesetze
ausdrückenden
Gleichungen
nicht
nur
gegenüber
linearen
orthogonalen
Substitutionen
fordern,
sondern auch noch be-
1)
Diese Auffassung
wird
in §
6 modifiziert
werden;
einstweilen aber wollen wir
streng an
ihr
festhalten.
züglich weiterer,
insbesondere nicht linearer
Transformationen;
denn
nur
nicht lineare
Sub-
stitutionen
entsprechen
einem
Übergange
auf
relativ beschleunigte
Systeme.
Dabei
tritt
aber die
Schwierigkeit auf,
daß
unsere
geringen
empirischen
Kenntnisse über das Gravitations-
feld keine
zuverlässige
Deduktion
der
Substitu-
tionen
zulassen,
für welche die Kovarianz
der
Gleichungen gefordert
werden
muß. In
einer
gemeinsam
mit meinem
Freunde
Großmann
ausgeführten Untersuchung1) zeigte
es sich,
daß
es
möglich
und
zweckmäßig ist,
die Kovarianz
der
Gleichungen
zunächst
bezüglich
beliebiger
Substitutionen
zu
fordern.
Vorher noch eine
Bemerkung
zur
Beseitigung
eines
naheliegenden
Mißverständnisses. Ein
Anhänger
der
gegenwärtigen
Relativitätstheorie
bezeichnet mit einem
gewissen
Recht
die Ge-
schwindigkeit
eines
Massenpunktes
als
"schein-
bar". Er kann nämlich ein
Bezugssystem
so
wählen,
daß der
Massenpunkt
in
dem betreffen-
den
Augenblick
die
Geschwindigkeit
Null besitzt.
Liegt
aber ein
Punktsystem
vor,
dessen Massen-
punkte
verschiedene
Geschwindigkeiten
haben,
so
kann
er
kein
Bezugssystem
einführen,
derart,
daß
in
bezug
auf dies
Bezugssystem
die
Ge-
schwindigkeit
aller
Massenpunkte
verschwindet.
In
analoger
Weise kann
ein
auf
unserem
Stand-
punkte
stehender
Physiker
das Gravitationsfeld
als
"scheinbar" bezeichnen,
denn
er
kann
es
durch
passend gewählten
Beschleunigungszustand
erreichen,
daß
in
einem bestimmten Raumzeit-
punkte
kein Gravitationsfeld vorhanden
ist.
Aber
es
ist
einleuchtend,
daß dies Verschwinden des
Gravitationsfeldes
im allgemeinen
nicht
für
aus-
gedehnte
Gravitationsfelder durch
eine
Trans-
formation erzielt
werden kann.
Man wird
beispielsweise
das Gravitationsfeld der Erde
durch Wahl eines
passenden Bezugssystems
nicht
zum
Verschwinden
bringen
können.
§ 5.
Charakterisierung
des Schwere-
feldes; Einwirkung
desselben
auf physi-
kalische
Vorgänge.
Da
wir
über die Gesamtheit der
zulässigen
Raumzeitsubstitutionen
im
ungewissen
sind, ist
es
-
wie
bereits bemerkt
-
zunächst das
natürlichste, beliebige
Substitutionen der
Va-
riabeln
x,
y, z,
t
zuzulassen,
welche Variable
wir
bequemer
mit
x1, x2, x3,
x4
bezeichnen. Es
erweist sich bei der
zu
betrachtenden Verall-
gemeinerung
als
zwecklos,
eine
imaginäre
Zeit-
koordinate einzuführen.
Wir betrachten zunächst
ein
Raumzeitgebiet,
in
welchem bei
passender
Wahl des Koordi-
natensystems
ein Gravitationsfeld nicht
vorhan–
1)
Entwurf
einer
verallgemeinerten
Relativitätstheorie
und
einer Theorie
der
Gravitation.
Leipzig, B. G.
Teub-
ner.
1913.
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