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DOC. 23 MAX PLANCK
AS
SCIENTIST
1078
Einstein:
Max
Planck als Forscher.
Die Natur-
wissenschaften[
[15]
[16]
[17]
Der nächste theoretische
Fortschritt
wurde 1884
durch Boltzmann erzielt,
der
zeigte,
daß
für
die Ge-
samtstrahlungsdichte das
Gesetz
zc
l
imI
v
-
a
T4
o
auf
thermodynamischem
Wege
gefolgert
werden
kann,
wenn man
sich auf das
von
Maxwell
aus
der
elektromagnetischen
Theorie
der
Strahlung
ge-
folgerte Gesetz
vom
Strahlungsdrucke
stützt,
nach
welchem
Strahlung,
die
von
einer Oberfläche
reflektiert,
absorbiert
oder
emittiert
wird,
einen
bestimmten Druck auf
diese
ausübt. Dies Gesetz
lieferte
zwar
die
Dichte der
Gesamtstrahlung
in
Funktion der
Temperatur,
aber nichts
darüber,
welches die
spektrale Verteilung jener
Strahlung
sei. Da
erschien
1893 die wichtige
Arbeit
von
W. Wien,
in der
überzeugend dargetan wurde, daß
Hohlraumstrahlung
einer bestimmten
Temperatur
T1
in
Hohlraumstrahlung
einer anderen
Temperatur
T2
dadurch
übergeführt werden
kann, daß
man
jene
Strahlung zwischen spiegelnden
Wänden adiabatisch
komprimiert bzw.
dilatiert. Hieraus konnte
Wien
die
Funktion
u
für
alle Temperaturen
T
auf theore-
tischem
Wege
ermitteln,
wenn
sie
nur
für eine
bestimmte
Temperatur
in ihrer
Abhängigkeit
von
der
Frequenz
v
ermittelt
war;
die unbekannte Funk-
tion
u
zweier
Variabeln
ließ
sich auf eine
unbe-
kannte Funktion
nur
einer Variabeln zurück-
führen.
Wiens Resultat
(Verschiebungsgesetz)
wird durch die Formel
u
=
v3f
ausgedrückt. wobei f
eine unbekannte universelle
Funktion der
einen
Variabeln
vT
bedeutet.
-
Es
wäre erhebend,
wenn
wir die Gehirnsubstanz
auf
eine
Wage
legen könnten, die
von
den
theoreti-
schen Physikern
auf
dem Altar dieser universellen
Funktion
f hingeopfert wurde; und
es
ist dieses
grausamen
Opfers
kein Ende abzusehen! Noch
mehr: auch die klassische Mechanik fiel ihr
zum
Opfer,
und
es
ist
noch nicht
abzusehen, ob Max-
wells
Gleichungen
der
Elektrodynamik die
Krisis
überdauern werden,
welche
diese
Funktion
f
mit
sich
gebracht
hat.
Planck ist der
einzige
gewesen,
der
bei der
Be-
mühung
um
die theoretische
Ermittlung
und Er-
fassung
der Funktion
f Erfolg hatte.
Er
unter-
suchte zunächst die
unregelmäßigen Schwingungen,
welche
ein elektrischer Resonator
von
der
Eigen-
frequenz
v0
in
einem
Strahlungsfelde nach den
Ge-
setzen
der Mechanik
und der Maxwellschen Elektro-
dynamik ausführt. Er fand dabei eine
einfache
Beziehung
zwischen
der mittleren
Schwingungs-
energie
U des
Resonators und
derjenigen
mono-
chromatischen
Strahlungsdichte
u,
welche
zur
Re-
sonatorfrequenz
v0
gehört. Das Strahlungs-
problem
war
also gelöst,
wenn es
gelang, die
Ener-
gie U
eines
Resonators,
oder
besser eines
Systems
von
sehr vielen
Resonatoren, in
Funktion der
Tem-
peratur
zu
ermitteln. Die Methode,
mit welcher
Planck schließlich in seiner
bahnbrechenden
Arbeit
im
Jahre 1901
diese
Frage löste,
war
ebenso
gewagt
wie genial.
Er
stützte
sich auf
ein
Theorem, das
Boltzmann
an
der Gastheorie
entwickelte, welches
besagt,
daß die Entropie
S eines Zustandes
gleich
sei dem
mit
k multiplizierten
Logarithmus der
Wahrscheinlichkeit
W
dieses
Zustandes.
Gelang
es,
die
Wahrscheinlichkeit
zu
berechnen,
die einem
bestimmten
Energieinhalt
eines
Systems
mono-
chromatischer Resonatoren
zukommt,
so
kann
man
die
Entropie
S des Systems
und
aus
dieser
seine
Temperatur
berechnen.
Diese
Rechnung, welche
wegen
der nicht
genügend
scharfen Definition
von
W
nicht ohne Willkür durchzuführen
war,
führte
zu
der
Strahlungsformel
8
n
hv3
*
u
±
1)
c:
hv
e
w
-
1,
welche
bis jetzt
durch
das Experiment stets
bestä-
tigt wurde. Letzteres liefert
die numerischen Werte
der Konstanten
h
und
k.
Der
große Triumph,
welchen diese
Betrachtung
sogleich
mit
sich
brachte,
bestand in
folgendem.
Die Konstanze
k
ist
dem
erwähnten Boltzmannschen
Prinzip entnommen
und ist dort definiert
als
k=R/N=
Konstante der
Gasgleichung
Zahl der Moleküle
im
Grammolekül
Die
aus
Strahlungsmessungen
bestimmte Größe k
liefert also
N, d. h. die
absolute Größe der
Mole-
küle vollkommen
exakt,
und
es
erwies
sich, daß die
so
ermittelte
Molekülgröße
mit den
Ergebnissen
gastheoretischer Bestimmungen
dieser Größe in
befriedigender Übereinstimmung
ist. Seitdem
sind
exakte,
auf
ganz
anderer
Grundlage
ruhende
Be-
stimmungen
von
N bekannt
geworden,
welche
Plancks Resultat
glänzend bestätigten.
Welches aber
ist
die
Bedeutung der
anderen
Naturkonstante
h,
welche
in
Plancks
Strahlungs-
formel auftritt? Um
zu
einer
brauchbaren Strah-
lungsformel
zu
gelangen,
mußte Planck die Ener-
gie des Resonatorensystems
so
behandeln,
wie
wenn
diese
aus
diskreten
Energiequanten
von
der Größe
hv0
bestünde,
eine
Annahme,
welche
mit
der
Elek-
trodynamik, d. h. auch mit
dem
ersten
Teile
von
Plancks
Untersuchung
nicht
im Einklang ist.
Hierin
liegt die
große
Schwierigkeit,
die
etwa
seit
8
Jahren die Theoretiker
beschäftigt.
Planck
hat
seine Theorie in den letzten Jahren
modifiziert,
um
diesen
Widerspruch
zu
lösen; ob
er
mit seinen
Bemühungen
das
Richtige getroffen hat,
muß die
Zukunft entscheiden.
Jedenfalls hat
es
sich
herausgestellt, daß
die
Plancksche
Formel nicht
nur
als
solche brauchbar
ist,
sondern
daß auch
den
in der theoretischen
Ableitung
auftretenden
Hilfsgrößen
eine
physika-
lische
Realität zukommt. Es hat sich nämlich
einerseits
am
lichtelektrischen
Effekt
und
an
den
durch Auffallen
von
Röntgenstrahlen auf Materie
auftretenden Kathodenstrahlen
gezeigt, daß
bei der
Absorption
von
Strahlung
Energiequanten
von
der
Größenordnung hv tatsächlich auftreten. Anderer-
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1)
c
bedeutet
die Lichtgeschwindigkeit im
Vakuum.
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