DOC.
15
PROOF OF
AMPERE'S
CURRENTS
191
DIE
NATURWISSENSCHAFTEN
Herausgegeben
von
Dr.
Arnold Berliner
und
Prof.
Dr. August
Pütter
Dritter
Jahrgang.
7.
Mai
1915. Heft
19.
Experimenteller Nachweis
[1]
der Ampereschen
Molekularströme.
Von Prof.
Dr.
A. Einstein,
Berlin.
Aus
der
Tatsache, daß jedes noch
so
kleine
Bruchstück
eines
Magneten
wieder ein vollstän-
diger Magnet ist,
hat
man
schon
längst
den
Schluß
gezogen,
daß
die Moleküle einer ferroma-
gnetischen Substanz selbst als
Magnete
anzusehen
sind.
Aus
dem
bekannten
Curie-Langevinschen
Gesetze
für die
paramagnetischen Körper (z.
B.
Sauerstoffgas) geht
ferner
hervor,
daß diese
Mo-
lekularmagnete
ein
von
der
Temperatur
unab-
hängiges
Moment besitzen. Unter der Voraus-
setzung,
daß dies auch für die
ferromagnetischen
Körper zutreffe,
hat P.
Weiß
unter Benutzung
einer einfachen zusätzlichen
Hypothese ("moleku-
lares
Feld")
eine Theorie
des Ferromagnetismus
entwickelt,
die
qualitativ
und teilweise auch
quanti-
tativ den verwickelten
Erscheinungen gerecht
wird.
Uber
die
physikalische
Natur
jener
Molekular-
magnete
blieb
man
bisher
im Ungewissen,
wenn
auch ein
großer
Teil der Theoretiker sich über
sie eine bestimmte
Meinung gebildet hatte,
die
zu-
erst
von
Ampere vertreten
wurde. Nachdem näm-
lich
von
Oerstedt entdeckt
worden
war,
daß
ma-
gnetische Wirkungen
nicht
nur
von
Magneten,
son-
dern auch
von
elektrischen Strömen
ausgehen,
schien
es
zunächst, daß diese
beiden
Entstehungs-
weisen
magnetischer Wirkungen
oder
-
wie
wir
heute
zu sagen
gewohnt
sind
-
magnetischer
Fel-
der
prinzipiell
verschieden seien.
Diese Sachlage
mußte
für
die nach
Vereinheitlichung
der Natur-
auffassung
strebenden
Physiker unbefriedigend
sein.
Deshalb
stellte Ampere
schon
kurz
nach
Oer-
stedts
Entdeckung
seine bekannte
Hypothese auf,
nach welcher
auch das
von
magnetisierten
Kör-
pern
ausgehende magnetische
Feld
von
Strömen
erzeugt
sein
sollte,
welche
aber im
Innern der
Mo-
lekeln verlaufen
sollten.
Als später
H.
A.
Lorentz
alle elektromagnetischen Wirkungen
der Materie
auf
Bewegung
elektrischer Massenteilchen
(Ionen,
Elektronen) zurückführte,
hielt
er an
Amperes
Hypothese
fest und modifizierte
sie im Sinne
seiner molekulartheoretischen
Auffassung
aller
elektrischen
Phänomene dahin, daß
die
Ampere-
schen
Molekularströme durch Elektronen
gebildet
sein
sollten,
welche
um
den
positiv geladenen
Rest
des
Moleküls
bzw.
Atoms kreisen. Dieser
Auffas-
sung
schloß
sich auch P.
Langevin
in seiner bahn-
brechenden
molekulartheoretischen Arbeit über die
para-
und
diamagnetischen Erscheinungen
an.
Andererseits stehen aber dieser
an
sich durch
ihre Einheitlichkeit
befriedigenden Auffassung
Nw.
1915.
von
der
Natur
der
felderzeugenden
Ursachen
er-
hebliche
Schwierigkeiten gegenüber. Soweit
un-
sere
Erfahrung reicht,
bleibt der Para- und Fer-
romagnetismus
bei
Annäherung
an
den
absoluten
Nullpunkt
bestehen. Wir hätten
also
in der krei-
senden
Bewegung
der Elektronen eine Art
Mole-
kularbewegung
vor
uns,
welche bei Annäherung
an
den absoluten
Nullpunkt
der
Temperatur be-
stehen
bliebe; die
kinetische
Energie
derartiger
Bewegungen pflegt
man
als
"Nullpunktsenergie"
zu
bezeichnen. Die
großen
Schwierigkeiten,
welche
der exakten
Durchführung
aller Theorien
sich
entgegenstellen, welche
durch eine
"Null-
punktsenergie" gekennzeichnet sind,
sind hinrei-
chend bekannt. Kein Theoretiker
spricht
gegen-
wärtig das
Wort
"Nullpunktsenergie"
aus,
ohne
daß
in seinem Gesicht ein halb
verlegenes,
halb
ironisches Lächeln
zu
sehen
wäre.
Jene
Schwie-
rigkeiten
haften
also
auch
an
der
Ampereschen
Auffassung
des
Magnetismus,
und
es
muß
gerade
aus
diesem
Grunde die
experimentelle
Entschei-
dung
über das Zutreffen
oder Nicht-Zutreffen der
Ampereschen Hypothese
sehr erstrebt
werden1).
Im letzten
Vierteljahre habe ich
zusammen
mit
Herrn
De
Haas-Lorentz
an
der
Phys.-technischen [2]
Reichsanstalt Versuche
ausgeführt,
durch
welche
nach meiner
Meinung
die reale Existenz der
Am-
pereschen Molekularströme
sichergestellt
wird.
Diese Versuche beruhen auf
folgender Erwägung.
Ein Molekül
(bzw.
Atom),
welches ein
um
einen
positiven
Kern
planetenartig
kreisendes
Elektron
aufweist,
hat einerseits in
elektromagne-
tischer
Beziehung
die Qualitäten eines
geschlos-
senen
Stromes
bzw. Elementarmagneten,
anderer-
seits aber die mechanischen
Eigenschaften
eines
Kreisels;
ein
derartiges System
besitzt nämlich
ein Impulsmoment, zufolge
dessen
es
seine Orien-
tierung im Raume beizubehalten strebt,
bzw.
bei
erzwungener
Änderung
seiner
Orientierung
Dreh-
momente
nach außen
abgibt.
Eine einfache
Rech-
nung
ergibt
nun2),
daß jenes
Impulsmoment (m)
1)
Es haftet der
Ampereschen
Theorie
in deren
moderner,
elektronentheoretischer
Fassung
auch die
Schwierigkeit
an,
daß nach Maxwells
elektromagneti-
schen
Gleichungen
die kreisenden Elektronen ihre kine-
tische
Energie
durch
Ausstrahlung
verlieren
müßten,
so
daß die Moleküle
bzw.
Atome ihr
magnetisches
Moment mit der Zeit verlieren
bzw.
verloren haben
müßten,
was
in Wahrheit sicherlich nicht zutrifft.
2)
Kreist das
Elektron in
gleichförmiger
Kreisbe-
wegung vom
Radius
r
mit der
Geschwindigkeit v
=
2n
r
n
(n
=
Zahl der Umläufe
pro
Sekunde),
so
ist das
Impulsmoment
m
seiner Größe nach
gleich r.u.v
oder
gleich
2
/u
7i r2
n.
Nach
Ampere
ist ferner das
äquivalente magnetische
Moment
W
einer ebenen Strombahn seiner Größe nach
durch
das Produkt Stromstärke X Stromfläche
gegeben
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