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2) Zu den Schriftsätzen der Parteien.
In der Schrift der Klägerin von 2. August 1919 wird auf Seite 4 das schon er-
wähnte Merkmal des klägerischen Patentanspruches „in grösseren Abständen“ ab-
zuschwächen versucht. Es ist aber bereits betont worden, dass die Erteilungsakten
keinen Zweifel darüber lassen, dass unter „grösseren Abständen“ solche von über
50m zu verstehen sind. Ferner wird auf Seite 7 und 8, auf welchen von dem schon
oft erwähnten Bowlker’schen Patente die Rede ist, der Eindruck hervorzurufen ver-
sucht, als ob das Bowlker’sche Patent auf einem andern Grundgedanken beruhe als
das klägerische. Dem gegenüber muss ich nochmals betonen, dass der wesentliche
Punkt der Methode, nämlich die Richtungsbestimmung aus der Zeitdifferenz der
Erregung zweier Mikrophone beiden Patenten gemeinsam ist; dass die Wirkung
seines Apparates hierauf beruhe hat Bowlker ja deutlich in der Patentschrift
gesagt.[13]
Ich kann deshalb der Auffassung der Klägerin nicht beistimmen, nach
welcher sie die Neuheit auf den Erfindungsgedanken beansprucht, technische Ap-
parate zur Zeitmessung zu verwenden. Wenn man nämlich weiss, dass es auf die
Zeitdifferenz bei der Richtungsbestimmung ankommt, ist es eine Selbstverständ-
lichkeit, dass man zur Richtungs-Bestimmung Organe braucht, welche auf diese
Zeitdifferenz ansprechen. Wäre es dem Erfinder des klägerischen Patentes bekannt
gewesen, dass wir in dem menschlichen psychophysischen Apparat ein solches Or-
gan besitzen, welches den heute technisch herstellbaren Organen zur Zeitmessung
zehn bis hundertmal an Empfindlichkeit überlegen ist, so hätte wohl auch er hier-
von Gebrauch gemacht. Diese Überlegenheit ist eine genügende Erklärung dafür,
dass Bowlker von objektiven Methoden zur Bestimmung der massgebenden Zeit-
differenz überhaupt nicht spricht. Dass er (und jeder technisch gebildete Leser sei-
ner Patentschrift) an die Möglichkeit der Anwendung derartiger Methoden gedacht
haben muss, unterliegt keinem Zweifel. Dies muss nach meiner Ansicht bei der
Auslegung der klägerischen Patentschrift berücksichtigt werden.
Auf die umfangreichen Ausführungen der Beklagten und der
Nebenkläger[14]
hier einzugehen, erscheint mir bei der hier vorliegenden klaren Sachlage überflüs-
sig. Ich bin aber bereit, dies auf Verlangen nachzuholen.—
Ich fasse meine Meinung dahin zusammen:
Die Vorrichtung der Beklagten bedient sich keiner im klägerischen Patent offenbar-
ter Gedanken und Hülfsmittel, deren Neuheit nicht durch das englische Patent
No 15102 (und das amerikanische Patent No 224199) vorweggenommen wäre.
A. Einstein.
[p. 6]
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