DOC. 170 ON OVERDETERMINATION 269 360 Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse vom 13. Dezember 1923 wirken läßt, mit der die Undulationstheorie die geometrisch so verwickelten Phänomene der Interferenz und Beugung des Lichtes deutet, wird es schwer zu glauben, daß die partielle Differentialgleichung in letzter Instanz ungeeignet sei, den Tatsachen gerecht zu werden. Betrachtet man die MAXWELL-LOBENTZSche Theorie kritisch, so erkennt man, daß ihr Fundament aus zwei formal nur lose miteinander zusammen- hängenden Teilen besteht, nämlich aus den Differentialgleichungen des elektro- magnetischen Feldes und aus den Bewegungsgleichungen des (positiven und negativen) Elektrons. Die durch die Erfahrung so trefflich bestätigten Beugungs- und Interferenzphanomene sind im wesentlichen durch die Feldgleichungen allein formal beherrscht, die Vorgänge der Absorption, welche die Theorie nicht erfahrungstreu wiederzugeben vermag, dagegen sind hauptsächlich durch das Bewegungsgesetz des Elektrons bestimmt. Es ist also ein naheliegender (oft geäußerter) Gedanke, daß man an den Feldgleichungen festzuhalten habe, die Bewegungsgleichungen fur Elektronen aber aufzugeben hätte1. Dies würde freilich wohl auch mit sich bringen, daß man an der gewohnten Theorie der Lokalisierung der Energie im Felde nicht würde festhalten können. Diese theoretische Möglichkeit ist aus dem einfachen Grunde nicht weiter verfolgt worden, weil man bisher keinen gangbaren Weg sah, zu anderen Bewegungs- gesetzen für das Elektron zu gelangen. Der MIESche Versuch, die Feld- gleichungen so zu ergänzen, daß sie auch im Inneren der Elektronen gelten, hat bisher zu keinem brauchbaren Ergebnis geführt. Diese Methode hätte [6] zu einer Vereinheitlichung der Grundlagen an sich fuhren können, indem sie besondere Bewegungsgleichungen für die Elektronen überflüssig gemacht hätte. Warum aber auch dieser Weg zu einer Lösung des Quantenproblems nicht entscheidend beitragen kann, wird sich aus der folgenden Überlegung er- geben, die uns zu dem nach meiner Ansicht wesentlichsten Punkt des ganzen Problems fuhrt. Nach den bisherigen Theorien kann der Anfangszustand eines Systems frei gewählt werden die Differentialgleichungen liefern dann die zeitliche Fort- setzung. Nach unserem Wissen über die Quantenzustände, wie es sich ins- besondere im Anschluß an die BOHRsche Theorie im letzten Jahrzehnt entwickelt hat, entspricht dieser Zug der Theorie nicht der Wirklichkeit. Der Anfangs- zustand eines um einen Wasserstoffkern bewegten Elektrons kann nicht frei gewählt werden, sondern diese Wahl muß den Quantenbedingungen entsprechen. Allgemein: nicht nur die zeitliche Fortsetzung, sondern auch der Anfangs- zustand unterliegt Gesetzen. [7] Kann man dieser Erkenntnis über die Naturprozesse, der wir wohl all- gemeine Bedeutung zusprechen müssen, in einer auf partielle Differential- gleichungen gegründeten Theorie gerecht werden? Ganz gewiß wir müssen nur die Feldvariabeln durch Gleichungen »überbestimmen«. Das heißt, die [8] Zahl der Differentialgleichungen muß größer sein als die Zahl der durch sie bestimmten Feldvariabeln. (Im Falle der allgemeinen Relativitätstheorie muß 1 Die Grundlage der Mechanik widerspricht für sich allein schon den Qnantentatsachen (Ver- sagen des Äquipartitionssatzes). Die Bewegungsgleichungen des materiellen Punktes müssen daher aufgegeben werden, ganz abgesehen von der Frage, ob man an der Feldtheorie festbalten darf oder nicht. [9]
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