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DOC.
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FORMAL
FOUNDATION
OF RELATIVITY
Einstein: Die formale
Grundlage
der
allgemeinen
Relativitätstheorie.
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daß
die Linienelemente
einer Achse teils
zeitartig,
teils
raumartig
sind.
Die Gleichwertigkeit
der
vier Dimensionen
der Welt
wäre dann nicht
eine
nur
formale,
sondern eine vollständige.
Diese
wichtige
Frage
[47]
muß einstweilen
offengelassen
werden.
Eine noch
tiefer
gehende Frage von
fundamentaler
Bedeutung,
deren
Beantwortung
mir
nicht
möglich
ist,
soll
nun aufgeworfen
werden.
In
der
gewöhnlichen
Relativitätstheorie ist
jede Linie,
welche
die
Bewegung
eines
materiellen Punktes beschreiben
kann,
d. h.
jede
aus nur
zeitartigen
Elementen
bestehende
Linie,
notwendig
eine
un-
geschlossene;
denn eine solche Linie besitzt niemals
Elemente,
für
die
dx4
verschwindet.
Das
Entsprechende
kann in
der
hier entwickelten
Theorie nicht
behauptet
werden. Es ist daher
a priori
eine Punkt-
bewegung
denkbar,
bei welcher die vierdimensionale Bahnkurve des
Punktes
eine fast
geschlossene
wäre. In diesem Falle könnte ein
und
derselbe
materielle
Punkt
in einem
beliebig
kleinen raum-zeitlichen
Gebiete in
mehreren voneinander scheinbar unabhängigen
Exemplaren vorhanden sein.
Dies
widerstrebt
meinem
physika-
lischen Gefuhl aufs lebhafteste. Ich bin
aber nicht
imstande,
den
Nachweis
zu
führen,
daß das Auftreten solcher Bahnkurven nach
der
[48]
entwickelten
Theorie
ausgeschlossen
sei.
Da ich nach diesen Bekenntnissen
nicht
umhin
kann,
im Antlitz
des Lesers ein
mitleidiges
Lächeln
zu
erblicken,
kann ich
folgende
Bemerkung
über die
bisherige Auffassung
der
Grundlagen
der
Physik
nicht unterdrücken.
Vor Maxwell
waren
die
Naturgesetze
in räum-
licher
Beziehung
im
Prinzip
Integralgesetze; damit soll
ausge-
drückt
werden,
daß in den
Elementargesetzen
die Abstände zwischen
endlich voneinander entfernten
Punkten
auftraten. Dieser Naturbe-
schreibung
liegt
die euklidische Geometrie
zugrunde.
Letztere bedeutet
zunächst nichts als den
Inbegriff
der
Folgerungen
aus
den
geome-
trischen
Axiomen;
sie
hat
insofern keinen
physikalischen
Inhalt.
Die
Geometrie wird
aber
dadurch
zu
einer
physikalischen
Wissenschaft,
daß
man
die
Bestimmung hinzufügt,
zwei Punkte eines
»starren«
Kör-
pers
sollen einen bestimmten
von
der
Lage
des
Körpers unabhängigen
Abstand
realisieren;
die Sätze
der
durch diese
Festsetzung ergänzten
Geometrie sind
(im
physikalischen
Sinne)
entweder
zutreffend oder
unzutreffend.
Die
Geometrie in diesem erweiterten Sinne
ist
es,
welche
der
Physik zugrunde
liegt.
Die Sätze
der
Geometrie
sind
von
diesem
Gesichtspunkte aus
als
physikalische
Integralgesetze anzusehen,
indem
sic
von
den Abständen
endlich
entfernter
Punkte
handeln.
Durch
und
seit
Maxwell
hat
die
Physik
eine
durchgreifende
Um-
wälzung
erfahren,
indem sich allmählich die
Forderung durchsetzte,
daß in den
Elementargesetzen
Abstände endlich
entfernter
Punkte nicht