DOC.
12
EXPERT OPINION
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Es ist ausserdem
zu
bemerken,
dass dem
Anspruch
2
des Patentes
182855
überhaupt
schwer eine charakterisierende
Bedeutung
beizumessen
ist,
abge-
sehen
davon,
dass die
Stabilisierung
der Kreiselachse durch die Schwere
er-
folgt.
Denn
es
ist
bedeutungslos,
ob
sich die drei Achsen
in einem
Punkte
schneiden und ob der
Schwerpunkt
höher oder tiefer
liegt
als
jener
Schnitt-
punkt (falls
letzterer
existiert).
In
der
Eingabe vom
20.
Januar
1915
charakterisiert die
Vertretung
der Klä-
gerin
den
Gegenstand
des Patentes
182855
in
folgendem
Sinne:
Kreisel mit drei
Freiheitsgraden,
bei welchen der
Schwerpunkt
bedeutend
unter
"dem
Aufhängepunkt"
liegt,
haben den
Fehler,
dass Horizontalbe-
schleunigungen
des Schiffes bedeutende
Schwankungen
der Kreiselachse
erzeugen.
Um diesem
Mangel
auszuweichen,
habe Anschütz den Schwer-
punkt wenig
tiefer als "den
Aufhängepunkt" gelegt,
dass die Schwin-
gungsdauer
des Kreisels eine Stunde übertroffen
habe.
Demgegenüber
muss
bemerkt
werden,
dass diese
Auffassung
durch die Pa-
tentschrift
182855
in keiner Weise
begründet
ist. Es wäre
geradezu
absurd,
wenn man
der
Beklagten
zumuten wollte,
sie hätte das Patent
182855 in
die-
sem
Sinne
interpretieren
sollen.
[p.
5]
b)
Die
Beantwortung
der
sub
2b)
an
den
Sachverständigen gerichteten
Frage[7]
wird dadurch
erschwert,
dass der Verfasser der Patentschrift
182855
über die
Einwirkung
der
Erddrehung
auf
derartige
Kreisel recht
ungenügend
orientiert
gewesen
zu
sein scheint. Dies
geht z.
B.
aus
dem
ersten
Satze der
Patentbeschreibung
hervor;
der Verfasser
hätte,
wenn
er
den Foucault'schen
Meridiankreisel
gekannt hätte,
sicher nicht
an
das Foucault'sche Pendel
an-
geknüpft,
das mit dem
Erfindungsgegenstand wenig zu
tun
hat. Der Verfasser
wusste
offenbar
nicht,
dass die Kreiselachse bestrebt
ist,
sich der
Drehungs-
achse der Erde
parallel
zu
stellen;
dies wurde
von
der Firma Siemens
&
Halske in ihrem
Einspruch
vom
28.
Oktober
1905
mit Recht
hervorgehoben.
Ein
Kreisel, wie
er
in
dem Patent
182855-allerdings
sehr lückenhaft–
beschrieben
ist,
wird sich
in
den Meridian
einstellen,
vorausgesetzt,
dass die
Konstruktion
im
Einzelnen vollkommen
genug
ist,
um zu
verhüten,
dass
un-
gewünschte,
z.
B.
vom
Antrieb oder
von
unsymmetrischen Luftreibungskräf-
ten
herrührende äussere Einflüsse
jene Einstellung
verhindern.[8]
c)
Die
Beantwortung
dieser
Frage erübrigt
sich mit Rücksicht auf
das
so-
eben
Gesagte.[9]
d)
Das Wort "nicht" in Zeile 46 der Patentschrift
182855
muss
sinngemäss
fehlen.[10] Es
handelt sich
zweifellos
um
ein blosses Versehen.
3)
Soll die Kreiselachse
A-A
eines auf einem Schiffe montierten
Kompass-
kreisels nicht in
heftige Schwingungen geraten, so
darf der den Kreisel
tra-
[p.
6]
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