DOC.
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INAUGURAL LECTURE
21
740
Offentliche
Sitzung vom
2.
Juli
1914.
tiker kann schon
etwas,
aber freilich
gerade
dasjenige
nicht,
was man
jeweilen
von
ihm haben will.«
Ganz
ähnlich
verhalt
es
sich
oft
mit
dem theoretischen
Physiker,
der
vom
Experimentalphysiker
zu
Rate
gezogen
wird.
Woher
rührt
dieser
eigentümliche
Mangel an Anpas-
sungsfähigkeit?
Die
Methode
des Theoretikers
bringt
es
mit
sich,
daß
er
als
Fundament
allgemeine Voraussetzungen, sogenannte Prinzipe,
benutzt,
[2]
aus
denen
er
Folgerungen
deduzieren kann. Seine
Tatigkeit
zerfallt
also in
zwei Teile.
Er hat
erstens
jene
Prinzipe
aufzusuchen,
zwei-
tens
die
aus
den
Prinzipen
fließenden
Folgerungen zu
entwickeln.
Für
die
Erfüllung
der
zweiten
der
genannten Aufgaben
erhalt
er
auf
der
Schule ein treffliches
Rüstzeug.
Wenn also die erste seiner
Aufgaben
auf
einem Gebiete
bzw. für einen
Komplex von
Zusammenhangen
be-
reits
gelöst
ist, wird ihm bei hinreichendem Fleiß
und
Verstand
der
Erfolg
nicht fehlen.
Die erste
der
genannten Aufgaben,
namlich
jene,
die
Prinzipe
aufzustellen,
welche
der
Deduktion als Basis dienen
sollen,
ist
von ganz
anderer Art. Hier
gibt
es
keine
erlernbare, systema-
tisch anwendbare Methode, die
zum
Ziele
führt.
Der Forscher muß
vielmehr
der Natur
jene
allgemeinen
Prinzipe
gleichsam
ablauschen,
indem
er an größeren Komplexen
von
Erfahrungstatsachen gewisse
allgemeine Züge
erschaut,
die sich
scharf
formulieren lassen.
Ist
diese
Formulierung
einmal
gelungen, so
setzt eine Entwick-
lung
der
Folgerungen
ein,
die oft
ungeahnte
Zusammenhange
liefert,
die über das
Tatsachengebiet,
an
dem die
Prinzipe gewonnen
sind,
weit hinausreichen.
Solange
aber die
Prinzipe,
die
der
Deduktion als
Basis dienen
können,
nicht
gefunden
sind,
nützt dem
Theoretiker
die
einzelne
Erfahrungstatsache
zunachst
nichts; ja
er vermag
dann
nicht
einmal mit einzelnen
empirisch
ermittelten
allgemeineren Gesetzmäßig-
keiten
etwas
anzufangen.
Er muß vielmehr
im Zustande der
Hilf-
losigkeit
den
Einzelresultaten
der
empirischen
Forschung gegenüber
verharren,
bis sich ihm
Prinzipe
erschlossen
haben,
die
er
zur
Basis
deduktiver
Entwicklungen
machen kann.
In einer
derartigen Lage
befindet sich
die
Theorie
gegenwärtig
gegenüber
den Gesetzen
der
Warmestrahlung
und
Molekularbewegung
bei tiefen
Temperaturen.
Vor
etwa
fünfzehn
Jahren
zweifelte
man
noch nicht
daran,
daß
auf der
Grundlage
der
auf
die Molekülbewe-
gungen angewendeten
GALILEI-NEWTONschen
Mechanik und der
Max-
WELLschen
Theorie des
elektromagnetischen
Feldes
eine
richtige
Dar-
stellung
der
elektrischen,
optischen
und
thermischen
Eigenschaften
der
Körper möglich
sei. Da
zeigte
PLANCK,
daß
man
zur
Aufstellung
eines
mit der
Erfahrung
übereinstimmenden Gesetzes
der
Warmestrahlung
sich
einer Methode des Rechnens
bedienen
muß,
deren
Unvereinbar–