DOC. 33
SCHWARZSCHILD
359
768
Offentliche
Sitzung
vom
29.
Juni
1916
streben kannten
keine Grenzen. Nichts
war
ihm
mehr zuwider als
das Haschen
nach Effekt und die
Sucht,
durch
geistreiche
Einfälle
und
paradoxe
Hypothesen zu
verblüffen.
Brunner
war
ein
Künstler
der Geisteswissenschaften
wie
wenige. Angeboren war
ihm die Gabe
juristisch
durchgeistigter
Betrachtung
der
Vergangenheit
und
plastisch
anschaulicher
Darstellung
ihrer
Rechtsbildungen.
Mit einer
Spannkraft
ohnegleichen
hat
er
die
sprödesten
Stoffe
gemeistert.
Mit vollendeter
Sicherheit und
feinstem
Takt
handhabt
er
die Methoden
der
Forschung.
Kein
überflussiges
Wort,
kein
lässig gebauter
Satz
entschlüpft
seiner
Feder.
Die
Schönheit und
Gestaltungskraft
seiner
Sprache
ist oft be-
wundert
worden.
So
ist Heinrich
Brunner
von uns geschieden,
und
so
wird
er
unter
uns
fortleben,
als
ein
Mehrer
des
Ruhmes deutscher
Rechtswissen-
schaft,
als ein Klassiker
der
deutschen
Rechtsgeschichte,
der
als Histo-
riker des Rechts
alle Kraft seiner starken Persönlichkeit
darangesetzt
hat,
um
wie
jeder
große
Geschichtsforscher
an
dem erhabenen Pro-
blem der Selbsterkenntnis der Menschheit
zu
arbeiten.
Gedächtnisrede des Hrn. Einstein auf Karl Schwarzschild.
Im Alter
von
erst
42
Jahren ist
unserm
Kreise
am 11.
Mai
d.
J.
Karl Schwarzschild durch den Tod entrissen worden. Das frühe Hin-
[1]
scheiden dieses
hochbegabten
und
vielseitigen
Forschers bedeutet nicht
nur
fur
unsere Körperschaft,
sondern für alle Freunde
der
astronomischen
und
physikalischen
Wissenschaft einen herben Verlust.
Was
an
Schwarzschilds theoretischen Werken besonders in Er-
staunen setzt,
ist die
spielende Beherrschung
der
mathematischen For-
schungsmethoden
und
die.
Leichtigkeit,
mit der
er
das Wesentliche einer
astronomischen oder
physikalischen Frage
durchschaute. Selten
ist
ein
so
bedeutendes
mathematisches Können mit
so
viel
Wirklichkeitssinn und
solcher
Anpassungsfähigkeit
des Denkens vorhanden
gewesen
wie bei
ihm.
So
kam
es,
daß
er
auf
verschiedenen Gebieten
da
wertvolle theo-
retische Arbeit
leistete,
wo
die mathematischen
Schwierigkeiten
andere
abschreckten.
Psychische
Triebfeder
seines rastlosen theoretischen
Schaffens
scheint
weniger
die Sehnsucht nach dem Erkennen
der
ver-
borgenen Zusammenhänge
in der Natur
gewesen zu
sein,
als
vielmehr
die künstlerische Freude
am
Erfinden feiner
mathematischen Gedanken-
systeme.
So
versteht
man,
daß seine ersten
theoretischen Arbeiten
auf
dem
Gebiete
der
Himmelsmechanik
liegen.
eines
Wissenszweiges,
dessen
Grundlagen
mehr als die aller andern
Gebiete des
exakten
Wissens
endgültig
festzustehen
schienen. Unter diesen Arbeiten
erwähne ich
hier
diejenige
über
die
periodischen
Lösungen
des
Dreikörperproblems
und
[2]
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