370 DOC. 49 RESPONSE TO REICHENBACHER
Heft
51.
17.
12.
1920
Mitteilungen
aus
verschiedenen Gebieten
1011
kosmologischen
Problem
eng
verknüpfte Frage
nicht
einzugehen,
obwohl sie
von
fundamentaler
Bedeutung
ist. Denn die Berechtigung bzw.
Überlegenheit
der
Relativitätstheorie kann
ohne Entscheidung uber jene
ferner
liegende
Frage
beurteilt
werden, die letzten
Endes doch
nur
von der
Fixstern-Astronomie wird
ent-
schieden
werden können.
Meine
Betrachtung
über die beiden relativ
-
zuein-
ander
rotierenden
Himmelskörper
hat Herr Reichen-
bâcher
mißverstanden. Der
eine dieser
Körper
ist als
rotierend im
Sinne
der Newtonschen Mechanik und in-
folgedessen
durch Zentrifugalwirkung abgeplattet
zu
denken,
der audere nicht. Dies würden die Bewohner
mit starren Maßstäben
konstatieren,
sich mitteilen
und dann nach der
Realursache
für das
verschiedene
Verhalten der Himmelskörper fragen. (Mit
der
Lorentz-Verkürzung hat diese Betrachtung
nichts
zu
schaffen.) Newton
antwortet auf diese Frage durch
"Real-Sprechung"
des
absoluten Raumes,
gegen
den der
eine nicht, aber der andere rotiere. Ich selbst bin
der Machschen Ansicht, welche sich in der Sprache
der
Relativitätstheorie
etwa
so
formulieren -läßt:
Alle
Massen der
Welt
zusammen
bestimmen das
guv-Feld
und dieses
ist,
von
dem ersten Weltkörper
aus
beur-
teilt,
ein anderes als
von
dem
zweiten
aus
beurteilt,
weil ja auch die
Bewegungen
jener
das
guv-Feld
er-
zeugenden
Massen,
von
beiden
Systemen aus
beschrie-
ben.
höchst verschiedene sind. Die Trägheit
ist
nach
meiner
Auffassung
im
gleichen
Sinne eine (vermit-
telte) Wechselwirkung
zwischen den Massen der Welt
wie
diejenigen
Wirkungen, welche die Newtonsche
Theorie als Gravitationswirkungen
betrachtet.
Was
Herr Reichenbucher über das
Zweikörperproblem
sagt,
ist
von
diesem Standpunkte
aus
durchaus unrichtig.
Der Umstand, daß
man
die Wirkung aller
Übrigen
Weltkorper,
außer den beiden betrachteten, durch
ein
quasi-konstantes
guv-Feld
approximieren
kann, ist
nicht
zu
verwechseln
mit der
Aussage, daß jene
Welt-
körper
keinen
Einfluß
auf die
betrachteten
zwei Kör-
per
hätten.
Wie Herr Reichenbucher
gegen
den Schluß
seiner
Überlegungen
in dem "Wenn wir
uns
die
Sachlage
richtig
Überlegen" eingeleiteten
Absatz nach allem
vorher
Gesagten
zu
der
Konsequenz
kommt, daß
man
den
Naturgesetzen
eine
allgemein
kovariante
Form
geben müsse,
ist mir
ganz
unverständlich. Wenn
nämlich die
Beschleunigung
absolute
Bedeutung
hat.
so
sind
die
unbeschleunigten
Koordinatensysteme
von
Natur
bevorzugt,
d.
h. die Gesetze müssen dann
-
Huf
sie
bezogen
-
andere
(und
einfachere)
sein,
als
auf beschleunigte Koordinatensysteme
bezogen.
Dann
hat
es
keinen
Sinn,
die Formulierung der Gesetze
dadurch
zu komplizieren,
daß
man
sie
in allgemein
kovariante Form
preßt.
Sind umgekehrt die Naturgesetze
so
beschaften,
daß
sie
durch
die Wahl
von
Koordinatensystemen be-
sonderen
Bewegungszustandes
nicht eine
bevorzugte
Gestalt annehmen, dann wird
man
auf die Bedingung
der
allgemeinen
Kovarianz als Forschungsmittel
nicht
verzichten. Wenn
man
überdies annimmt, daß für
das
infinitesimale
Meßsystem (im OO-Kleinen)
die
spezielle
Relativitätstheorie
gilt,
und daß die
aus
dieser Voraussetzung fließenden
guv
das
Gravita-
tionsfeld
beschreiben,
so
steht
man
auf dem Boden der
allgemeinen
Relativitätstheorie. Ob dies bei Herrn
Reichenbacher der Fall ist oder nicht, habe ich
aus
seinen
Ausführungen
nicht
entnehmen
können.
Berlin, den
20.
November 1920.
A.
Einstein.
Mitteilungen
aus
verschiedenen Gebieten.
Der diesjährige
Nobelpreis
für
Medizin ist
einem in
weitesten Kreisen des
Auslandes
nicht
nur,
sondern
wohl
auch seines Heimatlandes Dänemark
un-
bekannten,
aber nichtsdestoweniger
ausgezeichneten
Forscher,
dem
Kopenhagener
Professor
August Krogh
zugefallen,
der
vorjährige
dem
Direktor
des Brüsseler
Pasteurinstituts Jules Bordet.
Krogh
kam nicht, wie
dies
meist der Fall ist, von
der
Medizin,
sondern
von
der
Zoologie zur Physiologie.
Dus
war
für seine Forschungen
von
großem
Vorteil,
da
er,
mit der niederen Tierwelt besser vertraut
als
die
Mediziner,
viel besser in der
Lage
war,
seine Ver-
suchsobjekte, gemäß
den behandelten Fragen,
auszu-
wählen und mehr befähigt war,
mit ihnen
in
geeigne-
ter Weise
zu
experimentieren.
Zur
Physiologie
geleitet
wurde
er
von
dem früheren
Vertreter
dieses Faches
an
der
Kopenhagener
Univer-
sität,
Christian
Bohr,
einem
geistreichen
Forscher
und
glänzenden
Experimentator,
der
in die Lehre
von
der
Atmung ganz neue Anschauungen
einzuführen suchte.
Er versuchte
zu
beweisen,
daß der
Übertritt
des Sauer-
stoffes
aus
den
Lungenzellen
ins
Blut nicht,
wie
bis
dahin ausnahmslos
augenommen war,
durch den
physi-
kalischen
Vorgang
der Diffusion
erfolge,
vielmehr daß
die
Lungenzellen,
entsprechend
den
Zellen
der
Körper-
drusen,
den
Sauerstoff
ins
Blut sezernierten.
An
die-
sen
Untersuchungen,
bei
deren Durchführung
eine
außerordentliche Technik
zu
bewundern ist, beteiligte
sich auch
Krogh.
Aber
er
war
einer der ersten,
die
zu
der Erkenntnis kamen, daß
Rohrs Ergebnisse nicht
zu-
treffend
waren,
und im weiteren Verlaufe
erforschte
er
immer
eingehender
die
Gesetze,
die für die Diffu-
sion im
Tierkörper
in
Fruge
kommen.
Dazu bildete
er
zunächst besondere
gusanalytische
Methoden
aus,
eine
Mikrogasanalyse,
die
erlaubt, die
Zusammensetzung
einer
ganz
kleinen
Luftblase
genau
festzustellen.
Um
zu
zeigen,
daß die Gase
vom
Lungeninnern
nach
physikalischen
Gesetzen ins
Blut
wandern,
d. h.
von
einem Orte,
an
dem sie einen höheren
Druck
ausüben,
zu
einem mit
niedrigerem
Druck
übergehen,
mußten
die Druckverhältnisse der Gase sowohl in der
Lunge
wie im Blute
ermittelt
werden. Das erfordert
nun
für letzteres besondere
Maßnahmen,
da
Sauerstoff
und Kohlensäure im Blute ja nicht
nur
physikalisch
ge"ost
enthalten sind, vielmehr zudem noch in disso-
ziabler Verbindung mit verschiedenen
Blutbestandtei-
len vorhanden
sind.
Es
war
also die Gasspannung
die-
ser
dissoziablen Verbindungen festzustellen,
und auch
dazu erfand
Krogh
einen Apparat,
der
erlaubt,
diese
un
einer äußerst kleinen Blutmenge
zu
ermitteln, ein
Mikroaerotonometer.
Mit Hilfe dieser Methoden wurden
nun
Menge
und
Spannung der Gase im Körperinnern bei verschiede-
nen
Tierklassen,
bis
zu
den
Insekten
hinab, unter-
sucht. Parallel
damit
gingen
Versuche
zur
Ermittlung
der Dissoziationsspannung des
Oxyhämoglobins
bei
verschiedenen Tierklassen. Dabei
ergab
sich
u. a.
die
interessante
Tatsache,
daß sich die Dissoziationsver-
hältnisse des
Sauerstoffhämoglobins
den
biologischen
Bedingungen anpassen. insofern
sie
z. B.
bei
Fischen,
die
gewöhnlich
in einem Wasser mit hohem Sauerstoff-
druck leben, ähnlich den bei hiftatmenden Tieren
sind,
deren Lungenblut ja auch Sauerstoff reichlich
zur
Ver-
fügung
steht;
während bei
Fischen, die
häufig
einem
niedrigeren
Sauerstoffdruck im Wasser
ausgesetzt
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