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Inertialsystems abhängen. Das durch Vereinigung von Raum und Zeit gebildete
vierdimensionale Kontineum behält nach der speziellen Relativitätstheorie jenen
absoluten Charakter, welchem nach der früheren Theorie sowohl der Raum als
auch die Zeit (jeder besonders) besass (Minkowski). Aus der Interpretation von
Koordinaten und Zeit als Messergebnis folgt dann der Einfluss der Bewegung (re-
lativ zum Koordinaten-System) auf die Gestalt der Körper und auf den Gang der
Uhren sowie die Äquivalenz der Energie und der trägen Masse.
Die allgemeine Relativitäts-Theorie verdankt ihre Entstehung in erster Linie der
Erfahrungstatsache von der numerischen Gleichheit der trägen und der schweren
Masse der Körper, für welche fundamentale Tatsache die klassische Mechanik kei-
ne Interpretation geliefert hat. Man gelangt zu einer solchen Interpretation durch
eine Ausdehnung des Relativitätsprinzips auf relativ zu einander beschleunigte Ko-
ordinatensysteme. Die Einführung von relativ zu Inertialsystemen beschleunigten
Koordinatensystemen bedingt das Auftreten von Gravitationsfeldern relativ zu
letzteren. Damit hängt es zusammen, dass die auf die Gleichheit der Trägheit und
Schwere gegründete allgemeine Relativitätstheorie eine Theorie des Gravitations-
feldes liefert.
Die Einführung relativ zu einander beschleunigter Koordinatensysteme als
gleichberechtigter Koordinatensysteme, wie sie durch die Identität von Trägheit
und Schwere bedingt erscheinen, führt in Verbindung mit den Ergebnissen der spe-
ziellen Relativitätstheorie zu der Folgerung, dass die Gesetze der Lagerung fester
Körper beim Vorhandensein von Gravitationsfeldern nicht den Regeln der Euklidi-
schen Geometrie entsprechen. Ein analoges Ergebnis folgt bezüglich des Ganges
von Uhren. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer abermaligen Verallgemei-
nerung der Theorie von Raum und Zeit, weil nun die unmittelbare Interpretation
der Raum- und Zeitkoordinaten durch mit Massstäben und Uhren gewinnbaren
Messergebnisse dahinfällt. Jene Verallgemeinerung der Metrik, welche auf rein
mathematischem Gebiete durch die Forschungen von Gauss und Riemann bereits
vorlag, beruht wesentlich darauf, dass die Metrik der speziellen Relativitätstheorie
für kleine Gebiete auch im allgemeinen Falle noch Gültigkeit beanspruchen kann.
Der hier geschilderte Entwicklungsgang nimmt den raumzeitlichen Koordina-
tenásystemñ jede selbständige Realität. Das Metrisch-Reale ist jetzt erst durch die
Verbindung der Raum-Zeit-Koordinaten mit denjenigen mathematischen Grössen
gegeben, welche das Gravitationsfeld beschreiben.
Es gibt eine zweite Wurzel für den Gedankengang der allgemeinen Relativitäts-
theorie. Wie schon Ernst Mach nachdrücklich hervorhob, ist in der Newton’schen
Theorie der folgende Punkt unbefriedigend. Betrachtet man die Bewegung nicht
vom kausalen sondern vom rein beschreibenden Standpunkt aus, so gibt es áeine
RelativbñBewegung nur als
Relativbewegung[6]
von Dingen gegeneinander. Die in
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