116
DOC.
13
DIALOGUE ABOUT
RELATIVITY
698
Einstein: Dialog über
Einwände
gegen
die
Relativitätstheorie.
Die
Natur-
wissenschaften
Krit:
Nun kommt der
Haken. Nach
dem
Prinzip
der Relativität
muß
doch
der
ganze
Vor-
gang
in
genau gleicher Weise
verlaufen,
wenn er
von
einem Koordinatensystem
K'
aus
dargestellt
wird,
welches die
Bewegung
der Uhr
U2
mitmacht.
Relativ
zu
K'
ist
es
dann die Uhr
U1,
welche die
Hin- und Herbewegung
ausführt, wahrend die
Uhr
U2
dauernd
in Ruhe
geblieben
ist. Es
folgt
dann, daß
am
Ende der
Bewegung
U1
gegenüber
U2 nachgehen müßte,
in
Widerspruch
mit dem
obigen Ergebnis.
Es kann doch
von
den
gläubig-
sten Anhängern
der Theorie
nicht
behauptet
wer-
den, daß
von
zwei
nebeneinander ruhend
ange-
ordneten Uhren jede gegenüber
der anderen nach-
gehe.
Rel.: Deine letzte
Behauptung
ist selbstver-
ständlich unbestreitbar.
Aber die
ganze
Schluß-
weise ist deshalb unstatthaft, weil nach der
spe-
ziellen Relativitätstheorie
die
Koordinatensysteme
K und K'
keineswegs gleichberechtigte Systeme
sind. In
der Tat
behauptet
ja diese Theorie die
Gleichwertigkeit nur
aller
galileischen
(unbe-
schleunigten)
Koordinatensysteme, d. h.
solcher
Koordinatensysteme,
relativ
zu
welchen hinrei-
chend
isolierte,
materielle Punkte sich
gerudlinig
und
gleichförmig
bewegen.
Ein solches Koordi-
natensystem
ist
wohl
K, nicht aber das zeitweise
beschleunigte System
K'. Es kann daher
aus
dem
Ergebnis,
daß die Uhr
U2
nach
ihrer
Hin- und
Herbewegung gegenüber U1 nachgehe,
kein Wider-
spruch
gegen
die
Grundlage
der Theorie kon-
struiert werden.
Krit.: Ich sehe ein,
daß du damit diesen
Ein-
wand unwirksam
gemacht
hast, muß aber doch
sagen,
daß
ich mich durch dein
Argument
mehr
überführt als
überzeugt
fühle.
Übrigens
auf-
ersteht
mein Einwand
sogleich
wieder
von
den
Toten,
wenn man
sich
auf
den
Boden der
allge-
meinen Relativitätstheorie stellt. Denn da nach
dieser Koordinatensysteme
von
beliebigem
Be-
wegungszustande berechtigt sind,
so
kann der
vor-
hin
betrachtete
Vorgang ebensogut
auf das mit
U2
dauernd verbundene
System
K'
bezogen wer-
den
wie
auf
das
System
K.
Rel.: Es ist sicherlich
richtig,
daß wir
uns
vom
Standpunkt
der
allgemeinen
Relativitäts-
theorie
aus
ebensogut
des
Koordinatensystems
K'
bedienen können als
des Koordinatensystems
K.
Aber
man
sieht
leicht
ein, daß
die
Systeme
K und
K' mit
Bezug
auf den betrachteten
Vorgang
kei-
neswegs
gleichwertig
sind. Während nämlich der
Vorgang von
System K
aus
wie
oben
aufzufassen
ist, gestaltet
er
sich
von
K'
aus
betrachtet,
völlig
verschieden, wie
die
nachfolgende
Gegenüberstel-
lung zeigt:
K ist
Bezugssystem.
1.
Die Uhr
U2
wird
im
Sinne der
positiven
x-Achse
durch
eine äußere
Kraft
beschleunigt, bis
sie die
Geschwindigkeit
v
angenommen
hat. U1
bleibt
in
Ruhe.
2. U2 bewegt
sich mit der konstanten Ge-
schwindigkeit
v
bis
zu
dem
Punkte B der
posi-
tiven x-Achse.
U1
bleibt in Ruhe.
3.
Die Uhr
U2
wird durch eine nach der
nega-
tiven x-Achse
gerichtete
äußere Kraft
so
lange
beschleunigt,
bis sie die
Geschwindigkeit
v
in der
negativen
x-Richtung
angenommen
hat.
U1
bleibt
ruhend.
K' ist
Bezugssystem.
1.
Es entsteht ein im Sinne der
negativen
x-
Achse
gerichtetes Gravitationsfeld,
in welchem die
Uhr
U1
so
lange beschleunigt
fällt, bis sie die
Ge-
schwindigkeit
v angenommen
hat. Eine
an
der
Uhr
U2 angreifende,
im Sinne der
positiven
x-
Achse wirkende
äußere
Kraft
verhindert,
daß die
Uhr
U2
durch das Gravitationsfeld in
Bewegung
gerat. Wenn die Uhr
U1
die
Geschwindigkeit
v
erlangt
hat,
verschwindet
das
Gravitationsfeld
wieder.
2.
U1
bewegt
sich
mit konstanter Geschwindig-
keit
v
bis
zu
dem
Punkte
B' auf der
negativen
x-Achse.
U2
bleibt
in Ruhe.
3.
Es entsteht ein nach der
positiven x-Achse
gerichtetes homogenes Schwerefeld,
unter dessen
Einfluß die Uhr
U1 so
lange
im Sinne der
posi-
tiven x-Achse
beschleunigt wird, bis sie in
dieser
Richtung
die
Geschwindigkeit
v
erlaugt
hat, hier-
auf verschwindet das
Schwerefeld
wieder. Eine
un
der Uhr
U2 angreifende in Richtung
der
nega-
tiven x-Achse wirkende äußere
Kraft
verhütet
hierbei,
daß
U2
durch
das genannte
Schwerefeld
in Bewegung gerät.
[6]