118 DOC. 13 DIALOGUE ABOUT RELATIVITY
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700
Einstein:
Dialog
über Einwände
gegen
die Relativitätstheorie.
wissenschaften[DieNatur-
ponenten
und Koordinaten
gebildet werden, ent-
sprechen
vom
Koordinatensystem
unabhängig meß-
bare
(d.
h. reale)
Großen. So entspricht
bei-
spielsweise den
Komponenten des
Gravitations-
feldes in einem
Raum-Zeitpunkt
noch keine
von
der Koordinatenwahl unabhängige Größe;
dem
Gravitationsfeld
an
einer Stelle
entspricht
also
noch nichts
"physikalisch
Reales", wohl
aber die-
sem
Gravitationsfelde in
Vorbindung
mit
anderen
Daten.
Man
kann deshalb weder
sagen,
das Gra-
vitationsfeld
an
einer Stelle
sei etwas "Reales",
noch
es
sei
etwas
"bloß
Fiktives".
In
dem Umstand,
daß
gemäß
der
allgemeinen
Relativitätstheorie der Zusammenhang zwischen
den
in
den
Gleichungen
auftretenden Größen und
den
meßbaren
Größen ein viel indirekterer ist als
gemäß den
gewohnten
Theorien,
liegt
wohl die
Hauptschwierigkeit,
die
sich beim Studium dieser
Theorie darbietet. Auch dein letzter Einwand
beruht darauf, daß du diesen Umstand nicht kon-
sequent
im
Auge
behalten
hast.
Du
erklärtest
die in dem
Uhrenbeispiel
heran-
gezogenen
Felder auch noch deshalb als bloß
fiktive,
weil die
Kraftlinien
wirklicher
Gravitationsfelder
notwendig
von
Massen
erzeugt
sein müßten; beim
behandelten Beispiele seien
aber keine Massen
vor-
handen, welche diese Felder
erzeugen
könnten.
Hierauf
ist
zweierlei
zu
erwidern. Einmal ist
es
keine
a priori
notwendige
Forderung, daß sich
die der Newtonschen Theorie
eigene
Auffassung,
nach welcher sich
jedes
Gravitationsfeld
als durch
Massen
erzeugt
auffassen
läßt,
auch in der all-
gemeinen
Relativitätstheorie aufrecht erhalten
lasse. Es hängt diese
Frage
eben wieder mit dem
vorhin erwähnten Umstande
zusammen,
daß die
Bedeutung
der
Feldkomponenten
eine viel
weniger
direkt
definierte ist
als
in
der Newtonschen Theo-
rie. Zweitens aber kann
nicht
behauptet werden,
es
seien keine Massen
vorhanden,
denen die Er-
zeugung
des
Feldes
zugeschrieben
werden könnte.
Allerdings
können als Realursachen für das Feld
nicht
die
beschleunigten Koordinatensysteme
her-
angezogen werden, welche
Meinung
ein humor-
voller
Kritiker
mir einmal
zuschreiben
zu müssen
glaubte. Aber
es
können alle
Sterne,
welche im
Weltall
sind,
als
an
der
Erzeugung
des Gravi-
tationsfeldes beteiligt aufgefaßt
werden; denn sie
sind während der
Beschleunigungsphasen
des
Koordinatensystem
K'
relativ
zu
letzterem be-
schleunigt
und können dadurch ein Gravitations-
feld
induzieren, ähnlich wie
beschleunigt bewegte
elektrische
Ladungen ein elektrisches Feld indu-
zieren.
Angenäherte
Integration der Gravitations-
gleichungen
hat in der
Tat
ergeben,
daß derartige
Induktionswirkungen
beschleunigt bewegter
Massen wirklich
auftreten
müssen.
Aus dieser
Überlegung
ist klar, daß eine restlose Aufklärung
der
von
dir
aufgeworfenen
Frage
nur
dadurch
erlangt
werden
kann,
daß
man
sich über die
geo-
metrisch-mechanische
Konstitution
des
Weltgan-
zen
eine mit der Theorie vereinbare
Vorstellung
bildet.
Dies habe ich letztes Jahr
versucht, und
bin
zu
einer
-
wie
mir scheint
-
vollkommen
be-
friedigenden
Auffassung
gelangt; aber hierauf
einzugehen,
würde
zu
weit führen.
Krit.:
Nach deinen letzten
Ausführungen
scheint
es
mir in der Tat, daß sich
aus
dem
Uhren-
Paradoxon innere
Widersprüche
der Relativitäts-
theorie nicht deduzieren lassen. Ja,
es
scheint
mir
jetzt
nicht
unwahrscheinlich,
daß der
Theorie
innere
Widersprüche überhaupt
nicht
anhaften,
aber daraus
folgt
noch nicht, daß
man
die Theorie
ernsthaft
in Erwägung ziehen müsse. Ich
sehe
wirklich nicht ein,
warum man um
einer
gedank-
lichen Vorliebe willen
-
nämlich der für die
Rela-
tivitatsidee
-
so
schauerliche
Komplikationen
und
rechnerische
Schwierigkeiten
auf sich nehmen
müßte. Daß diese nicht gering
sind, hast du in
deiner
letzten Antwort selbst deutlich
genug
ge-
zeigt.
Wird
es
z.
B.
je jemand
in den
Sinn
kom-
men, von
der durch die Relativitätstheorie
gebo-
tenen Möglichkeit
Gebrauch
zu
machen, die
Be-
wegungen
der
Himmelskörper
des
Sonnensystems
auf ein
geozentrisches
Koordinatensystem
zu
be-
ziehen,
das obendrein
an
der
Drehbewegung
der
Erde
teilnimmt? Wird
man
wirklich dies Koordi-
natensystem als
"ruhend"
und als
gleichberechtigt
ausehen dürfen, relativ
zu
welchem die Fixsterne
mit ungeheuren
Geschwindigkeiten
um
die Erde
herumsausen? Verstößt
solches
Beginnen
nicht
gegen
den
gesunden Menschenverstand und
gegen
die
Forderung
der Ökonomie des Denkens? Ich
kann
es
mir nicht
versagen,
hier
einige
drastische
Worte
zu
wiederholen,
die Lenard
neulich über
den
Gegenstand
geäußert hat. Nachdem
er
die
spezielle
Relativität
besprochen
hat, indem
er
das
"bewegte" Koordinatensystem
durch einen
fah-
renden
Eisenbahnzug
versinnlicht
hat, sagte
er:
"Man lasse
nun
den
gedachten Eisenbahnzug
eine
deutlich
ungleichförmige Bewegung machen.
Wenn
hierbei durch Trägheitswirkung alles
im
Zuge
in
Trümmer
geht,
wahrend draußen alles
unbeschädigt bleibt,
so wird,
meine
ich,
kein
ge-
sunder
Verstand einen andern
Schluß
ziehen
wollen als den, daß
es
eben der
Zug
war,
der mit
Ruck seine
Bewegung geändert
hat, nicht die
Um-
gebung.
Das
verallgemeinerte
Relativitätsprinzip
verlangt
es,
seinem einfachen
Sinne
nach,
auch
in diesem Falle
zuzugeben,
daß
es
möglicherweise
doch die
Umgebung
gewesen
sei, welche die Ge-
schwindigkeitsänderung
erfahren
habe,
und
daß
dann das
ganze
Unglück im
Zuge
nur
Folge
dieses
Ruckes der Außenwelt
sei, vermittelt durch
eine
"Gravitationswirkung" der Außenwelt auf
das
Innere
des
Zuges.
Für
die
naheliegende
Frage,
warum
denn der Kirchturm
neben dem
Zuge
nicht
umgefallen sei,
wenn er
mit der Umgebung den
Ruck
gemacht
habe
-
warum
solche
Folgen
des
Rucks
so
einseitig
nur
im
Zuge
sich
zeigen,
wäh-
rend dennoch
kein
einseitiger
Schluß
auf
den
Sitz der
Bewegungsänderung möglich
sein
solle
-
hat
das
Prinzip anscheinend keine den
einfachen
Verstand
befriedigende Antwort."
Rel.: Aus
mehreren Gründen
müssen
wir
die
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