2 5 0 D O C . 3 1 I D E A S A N D M E T H O D S
Schwierigkeit befreien, dass wir den Aetherwind samt dem Aether in das Reich der
Einbildungen verweisen? Wir werden gleich sehen, dass die Schwierigkeit tiefer
sitzt.
5) Schärfere Formulierung des Problems.
a) Nach der Lorentz’schen Theorie existiert ein Koordinatensystem (Bezugskör-
per) K von bestimmtem Bewegungszustande, relativ zu welchem sich jeder Licht-
strahl durch materiefreie Räume (Vakuum) mit der Geschwindigkeit c ausbreitet.
(Dies folgt notwendig aus den Maxwell–Lorentz’schen Gleichungen des elektro-
magnetischen Feldes). An diesem Satz wollen wir im Folgenden festhalten und ihn
„Prinzip von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit“
nennen.[15]
b) Führt man ausser dem Koordinatensystem K ein zweites ein, welches ge-
genüber K gradlinig, gleichförmig und drehungsfrei bewegt ist, (entspricht der
Erde bei der früheren Überlegung), so scheint die anschauliche Überlegung für die-
ses System folgendes zu ergeben: die Vakuum-Lichtstrahlen, welche gegenüber K
die Geschwindigkeit c haben, besitzen gegenüber nicht die Geschwindigkeit c,
sondern eine von der Richtung abhängige Geschwindigkeit.
c) Dem gegenüber muss als Ausdruck der Erfahrung (z. B. Michelson’scher Ver-
such) angesehen werden: die Systeme und K sind inbezug auf das Gesetz der
Lichtfortpflanzung gleichwertig. Zum mindesten ergibt die Erfahrung, dass auch
inbezug auf alle Richtungen optisch gleichwertig sind.
Zwischen der Folgerung b) und dem experimentellen Befund c) besteht ein Wi-
derspruch. Die spezielle Relativitätstheorie löst diesen Widerspruch in folgender
Weise. Sie hält fest an den Aussagen a) und c), und sie erweist die Unrichtigkeit
der Folgerung b).
Bevor wir den Widerspruch lösen, verallgemeinern wir auf Grund des Umstan-
des, dass wir durch terrestrische Experimente in keiner Weise die fortschreitende
Bewegung der Erde nachweisen können, den Satz c), indem wir den auch gemäss
der Newton’schen Mechanik gültigen Satz aussprechen: Geht man aus von einem
„berechtigten“ Koordinatensystem (Inertialsystem der klassischen Mechanik) K,
so ist jedes relativ zu K gleichförmig und drehungsfrei bewegte System mit K
gleichwertig; d. h. bezüglich lauten die Naturgesetze genau gleich wie bezüg-
lich K (Spezielles Relativitätsprinzip).
6) Erkenntnis-theoretische Bemerkung. Eine Theorie hat nur dann einen physikali-
schen Inhalt, wenn die durch die Gleichungen verknüpften Grössen einen physi-
kalischen Sinn haben; d. h. es muss genau festgelegt sein, wie diese Grössen aus
Ergebnissen unmittelbarer Messung zu bestimmen sind. Fehlen derartige Festset-
zungen von Beziehungen zwischen mathematischen Grössen der Theorie und Mes-
sungsergebnissen, so sagt die Theorie über die Natur nichts
aus.[16]
K′
K′
K′
K′
[p. 6]
K′
K′