4 6 2 D O C . 6 4 L E C T U R E O N S P E C I A L R E L AT I V I T Y
fallen zu lassen. Beide Möglichkeiten haben jedoch der Erfahrung gegenüber ver-
sagt, wie sogleich kurz gezeigt werden soll.
Zunächst könnte man denken, der Satz von der Konstanz der Lichtgeschwindig-
keit gelte nicht. Dies war auch der Ausweg, den die Wissenschaft zunächst ver-
suchte (Heinrich
Hertz).[5]
Geht man nämlich von der Hypothese aus, dass das
Licht in einer Wellenbewegung im Aether bestehe, so wird man annehmen, dass
das Licht sich allenthalben mit derselben Geschwindigkeit fortpflanze, aber nicht
relativ zum Raum (bez. relativ zum Koordinatensystem) sondern relativ zum Lich-
täther. Wie sich das Licht relativ zum Koordinatensystem ausbreitet, hängt dann
von der Frage ab, wie sich der Aether in mechanischer Beziehung verhält. Die von
Hertz benutzte Hypothese war die, dass der Aether allenthalben an den Bewegun-
gen der Materie teilnehme, oder m. a. W. dass der Aether allenthalben relativ zur
Materie ruhe. Diese Auffassung hat schon begrifflich grosse Schwierigkeiten.
Denkt man nämlich die Materie als Kontinuum, so müsste es nach dieser Hypothe-
se möglich sein, aus einem Raume den Aether herauszupumpen, was der Erfahrung
gegenüber nicht aufrecht zu erhalten ist. Nimmt man hingegen die Materie als
altomistisch konstituiert an und setzt man voraus, dass das Atom nur in seinem In-
nern den Aether mitnehme, so bedeutet dies ein Aufgeben der Hertz’schen Hypo-
these, da dann für die makoskopische Betrachtung der Aether an den Bewegungen
der Materie nicht teilnimmt. Eine direkte Widerlegung der Hertz’schen Hypothese
lieferte ein schon Mitte des vorigen Jahrhunderts von Fizeau ausgeführtes
Interferenzexperiment,[6]
welches auf die Frage Αntwort gibt: Wie wird die Aus-
breitungsgeschwindigkeit eines einen Körper durchsetzenden Lichtstrahls durch
die Bewegung ádesñ Körpers beeinflusst? Das Ergebnis war folgendes. Ein Licht-
strahl pflanzt sich durch ein mit der Geschwindigkei v bewegtes Medium vom Bre-
chungsexponenten n mit der Gechwindigkeit
. . . (3)
fort, wobei die Fortpflanzungsgeschwindigkeit durch das ruhende Medium be-
deutet. Aus dieser Formel, die wir zunächst als eine rein empirische ansehen,
schliessen wir im Besonderen, dass die Bewegung eines das Licht nicht brechenden
Mediums (n = 1) keinen Einfluss auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines hin-
durchgehenden Lichtstrahls ausübt. Dies Ergebnis ist unvereinbar mit der
Hertz’schen Hypothese; will man es vom Standpunkt der Aethertheorie deuten, so
muss man annehmen, dass der Aether an der Bewegung der Materie nicht teilneh-
me (Theorie des ruhenden Lichtäthers). Diese Theorie wurde von H. A. Lorentz[7]
mit grossem Erfolge ausgebaut; sie liefert neben der Erklärung einer grossen Zahl
[p. 5]
V V0 1
1
n2ø
----ö
-
è
æ
v + =
V0
Previous Page Next Page