DOC.
46
BAD NAUHEIM
DISCUSSIONS 355
Physik.Zeitschr.XXI,1920.
Grebe,
Gravitationsverschiebung
der
Fraunhoferschen Linien.
667
Druckschrift
"Uber
Relativitätsprinzip,
Äther,
[17]
Gravitation"
zum
Ausdruck
gebracht,
daß
der
Äther
in
gewissen Beziehungen
versagt hat,
weil
man
ihn noch nicht in der
rechten Weise
behandelt
hat. Das
Relativitätsprinzip arbeitet
mit einem
nichteuklidischen Raum, der
von
Stelle
zu
Stelle und
zeitlich nacheinander ver-
schiedene Eigenschaften
annimmt; dann kann
nun
eben in dem Raum
ein Etwas sein, dessen
Zustände diese verschiedenen Eigenschaften
be-
dingen, und dieses Etwas
ist
eben
der
Äther.
Ich sehe die Nützlichkeit des Relativitätsprin-
zips ein,
solange
es nur
auf Gravitationskräfte
angewandt
wird. Für nicht massenproportio-
nale
Kräfte halte
ich
es
für
ungültig.
Einstein: Es
liegt
in der Natur der
Sache,
daß
von
einer
Gültigkeit
des Relativi-
tätsprinzips nur
dann
gesprochen werden
kann,
wenn es bezüglich
aller
Naturgesetze
gilt.
Lenard: Nur
wenn man geeignete
Felder
hinzudichtet. Ich meine, das Relativitätsprin-
zip kann auch
nur
über Gravitation
neue Aus-
sagen machen, weil die im Falle der nicht-
massenproportionalen
Kräfte
hinzugenommenen
Gravitationsfelder
gar
keinen
neuen Gesichts-
punkt
hinzufügen,
als
nur
eben
den,
das Prin-
zip
gültig
erscheinen
zu
lassen. Auch macht
die
Gleichwertigkeit
aller
Bezugssysteme
dem
Prinzip Schwierigkeiten.
Einstein: Es
gibt
kein durch seine Ein-
fachheit
prinzipiell bevorzugtes Koordinaten-
system; deshalb
gibt es
auch keine Methode,
um
zwischen
"wirklichen"
und "nichtwirk-
lichen"
Gravitationsfeldern
zu
unterscheiden.
[18] Meine zweite Frage lautet: Was
sagt
das Re-
lativitätsprinzip zu
dem unerlaubten Gedan-
kenexperiment, welches
darin
besteht,
daß
man
z.
B. die
Erde
ruhen und die
übrige
Welt
um
die Erdachse
sich
drehen
läßt,
wobei Über-
lichtgeschwindigkeiten
aufheben?
Der
erste
Satz
ist
keine
Behauptung,
son-
dern eine neuartige Definition für
den
Begriff
"Äther".
Ein
Gedankenexperiment
ist ein
prinzipiell,
wenn
auch nicht faktisch ausführbares Ex-
periment.
Es dient dazu, wirkliche Erfahrun-
gen übersichtlich
zusammenzufassen,
um aus
ihnen theoretische. Folgerungen
zu
ziehen, Un-
erlaubt ist ein Gedankenexperiment
nur
dann,
wenn
eine
Realisierung
prinzipiell
unmog-
lich ist.
Lenard: Ich
glaube
zusammenzufassen
zu
können:
1.
Daß
man
doch besser unterläßt,
die "Abschaffung des
Äthers"
zu
verkünden.
2.
Daß
ich die Einschränkung
des Relativi-
tätsprinzips zu
einem
Gravitationsprinzip
immer
noch für
angezeigt
halte,
und
3.,
daß
die Über-
lichtgeschwindigkeiten dem
Relativitätsprinzip
doch
eine
Schwierigkeit zu
bereiten scheinen;
denn sie heben bei der Relation
jedes
belie-
bigen
Körpers
auf,
sobald
man
dieselbe nicht
diesem,
sondern der
Gesamtwelt zuschreiben
will,
was
aber das
Relativitätsprinzip
in seiner
einfachsten und
bisherigen
Form als gleich-
wertig zuläßt.
[22]
Rudolph: Daß
sich die
allgemeine
Re-
lativitatstheorie
glänzend
bewährt
hat,
ist kein
Beweis
gegen
den Äther. Die Einstein-
sche Theorie ist
richtig, nur
ihre Ansicht über
den Äther ist nicht
richtig.
Auch wird sie
erst
annehmbar
mit der Weylschen
Ergänzung,
geht
dann aber
sogar
aus
der
Ätherhypothese
hervor,
wenn
zwischen den beim
Fließen
verschobenen Ätherwänden
Lücken
bleiben,
die durch Schleuderkraft
infolge Richtungsän-
derung der Sternfäden leer
gehalten
werden.
[23]
[24]
Palagyi:
Die Diskussion zwischen
Ein-
stein
und
Lenard
hat auf mich einen tiefen
Eindruck
gemacht.
Man begegnet hier wieder
den alten historischen
Gegensätzen
zwischen
experimentaler
und
mathematischer
Physik,
wie
sie schon
z.
B.
zwischen
Faraday
und
Max-
well bestanden. Herr
Einstein
sagt,
daß
es
kein
ausgezeichnetes
Koordinatensystem gibt.
Es
gibt
eins. Lassen Sie mich
biologisch
denken.
Dann
trägt jeder
Mensch sein Koordi-
natensystem in sich. In der
Verfolgung
dieses
Gedankens
ist eine
Widerlegung
der Relativi-
tätstheorie
enthalten.
Einstein weist
darauf
hin,
daß
kein
Gegensatz
zwischen
Theorie und
Experiment
besteht.
Born: Die Relativitätstheorie
bevorzugt
sogar
die Bilder zweiter
Art. Ich
betrachte
als
Beispiel
die Erde und die Sonne.
Wäre die
Anziehung
nicht, liefe
die Erde
geradlinig da-
von usw.
[25]
Mie: Daß
die Ansicht,
der Äther sei der
greifbaren
Materie
wesensgleich, erst
durch die
Relativitätstheorie als
unmöglich
erkannt sein
solle,
habe ich nie verstehen können.
Das
war
doch schon
lange
vorher durch Lorentz
in seinem Buch "Elektrische und
optische Er-
scheinungen in
bewegten Körpern" geschehen.
Auch Abraham hat in seinem
Lehrbuch
schon
damals,
als
er
der
Relativitätstheorie
noch
ablehnend
gegenüberstand,
gesagt: "Der
Äther ist
der
leere Raum."
[26]
Ich bin der
Ansicht,
daß
man
auch bei
Annahme
der Einsteinschen
Gravitations-
theorie doch
ganz
scharf unterscheiden
muß
zwischen
den bloß
fingierten Gravitationsfel-
dern, die
man nur
durch die Wahl
des Koordi-
natensystems in das Weltbild
hineinbringt,
und
den wirklichen
Gravitationsfeldern, die
durch
den
objektiven
Tatbestand
gegeben
sind.
Ich
[19]
[20]
[21]