934 DOCUMENT
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NOVEMBER 1918
der
Einführung
in die ethischen
Probleme,
bei welcher im Grunde
von
vornherein
auf
eine rationale Ethik
losgesteuert wird,
ohne dass
irgendeine,
sei
es
auch
nur
vorläufige Stellungnahme
dem Leben im
ganzen gegenüber angedeutet
wird,
an
Hand deren
man
sich
gefühlemässig
orientieren könnte.
Wenngleich
ich
nun
dies als einen wesentlichen
Mangel
der Schrift
zugestehe,
so
kann ich mir doch nicht
versagen,
in Anbetracht meiner Vertrautheit mit Nelsons
philosophischer
Persönlichkeit die
Meinung zu
äussern,
dass
man
Nelson
Unrecht
tun
dürfte,
wenn man
ihm
lediglich
subalterne
Begabung
und Routine zuerkennen
wollte. Wohl kommt in seinen
Ausführungen häufig
eine
gewisse
Überschätzung
des
dialektischen
Argumentierens zum
Ausdruck.
Doch findet
sich eine solche bei
vielen
sogar
unter
den
grössten Philosophen
Im
übrigen
hat das Talent für
logische
Schärfe und Klarheit
(abgesehen
davon,
dass
es
für einen akademischen Lehrer doch sehr wünschenswert und
heutzutage
keineswegs
bei den
Philosophen
besonders
häufig ist)
in der
Philosophie
doch
nicht
nur
die Rolle
etwa
eines
Stiefelputzers,
vielmehr
gibt
es,
wie ich
glaube
we-
sentliche
philosophische
Aufgaben,
die
nur
einem
logisch
durchgebildeten
Philo-
sophen
gelingen
können. Eine solche
Aufgabe
ist
zum Beispiel
die
begriffliche
Fi-
xierung derjenigen
Wertungsweise,
welche der im
engeren
Sinne
so
zu
nennenden
moralischen
Beurteilung
des
Handelns, (wie
sie
vom
gebildeten
Menschen
mehr
oder
weniger
bewusst
ausgeübt wird),
zugrunde liegt.
Diese
Aufgabe,
welche sich
zuerst
Kant in scharfer Form
gestellt
hat,
ist
auf
der
Basis des Kantischen Ansatzes
(den man
wegen
der offensichtlichen
Mängel
der
näheren
Ausführung
bei Kant vielfach
ganz
fallen
gelassen
hatte)
in
der Nelson-
schen Ethik
zum
ersten
Male in
einer,
wie
es
mir
scheint, befriedigenden
Weise
ge-
löst worden.
Sie werden mich wohl nicht in dem Sinne
missverstehen,
Herr
Professor,
als ob
ich Sie durch meine
Äusserungen
bekehren wollte. Nur konnte ich
mich,
so
wie ich
mich als Schüler Nelsons
fühle,
nicht
damit
zufriedengeben,
Ihre Offenheit
uner-
widert
zu
lassen.
Nun möchte ich Sie noch
etwas
zur Physik fragen.
Sie machen als
Einwand
ge-
gen
die
Weylsche
Theorie die
Tatsache
geltend,
dass
man
eine und dieselbe Kri-
stallsorte immer
nur
mit
einer
ganz
bestimmten Dichte
vorfindet.[3]
Könnte nicht in
entsprechender
Weise Ihrer Theorie die Tatsache
entgegen-
gehalten
werden,
dass bestimmte Stoffe im kristallinischen Zustande immer die-
selben
(in
der
Mineralogie betrachteten)
Formen
annehmen,
bei
welchen als Be-
stimmungsstücke keineswegs nur
solche der Riemannschen
Geometrie,
sondern
auch
Geradlinigkeit
im Euklidischen
Sinne,
Parallelitäten
usw.
auftreten? Könnte
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