328 DOCUMENT 288 SEPTEMBER 1911 nach dem Rot[9] ist so natürlich, dass man sich wundern muss, dass bisher kei- ner von den Sonnenmenschen auf diese Idee verfallen ist. Allerdings kommt man nicht so leicht auf die Idee, dass die unregelmässigen örtlichen Dichte- Schwankungen eine regelmässige Linienverschiebung veranlassen kön- nen.[10] Was nun meine Theorie anlangt, so führt sie zu einer konstanten Verschie- bung von etwa 0,01 Angström,[11] unabhängig von der Lage auf der Sonnen- oberfläche. Davon, dass sie das ganze Phänomen erklären könne, kann keine Rede sein, sondern nur allenfalls davon, dass meine Theorie eventuel mit den schon vorhandenen Beobachtungen nicht wohl vereinbar sein könnte. Beson- ders verdächtig ist es, dass die von Ihnen erwähnten Messungen von Hale und Adams[12] ergeben haben, dass die Chromosphärenlinien im Mittel eine so ge- ringe Verschiebung (0,002 A.!) gegenüber den terrestrischen aufzuweisen ha- ben-bedenklich für meine Auffassung. Wenn diese Linien sehr fein sind, glaube ich, dass durch diese Beobachtungen meine Theorie widerlegt ist. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mir hierüber unumwunden Ihre Meinung sagen würden. Ich bin mir übrigens wohl bewusst, dass meine Theorie auf ge- wagter Grundlage ruht. Was mich an ihr anzieht, ist, dass sie zu Konsequen- zen führt, die der Erfahrung zugänglich zu sein scheinen (Hauptsächlich die Brechung der Lichtstrahlen durch das Gravitationsfeld),[13] und dass sie einen Ansatz dazu enthält, die Gravitation theoretisch aufzufassen. Es wäre wich- tig, zu zeigen, dass mein Resultat mit der Erfahrung unvereinbar ist-eben wegen der theoretischen Tragweite mag der Weg, den ich einschlug, ein Irr- weg sein, aber er musste versucht werden. Mit den besten Grüssen verbleibe ich Ihr ergebenster A. Einstein P.S. Wenn Sie mir während des nächsten Monats schreiben, so bitte ich Sie, den Brief an meine Privatadresse Trebizkeho uliza 1215 (Prag)-Smichov zu senden, weil ich verreisen muss.[14] ALS (NeUU, Archief W. H. Julius I, 16). [75 065]. [1]The inquiry is mentioned in Doc. 284. [2]On the occasion of a lecture Einstein had delivered in Leyden on 10 February (see Doc. 250). [3]Winter semester 1911/1912 at the German University began 1 October 1911 and ended 28 March 1912 (see Prag Ordnung 1911b, title page). [4]Einstein acted on this promise two days earlier (see Doc. 286). [5]A bibliography of Julius's papers on solar physics as well as a historical account of Julius's work (in which the occurrence of absorption, scattering, and anomalous dispersion of light in the solar atmosphere is used to explain phenomena such as the structure of sunspots and the shape of solar spectral lines) is given in Hentschel 1991. [6]See Julius 1910a. An early version was published in Julius 1901. [7]See, e.g., Julius 1905, 1907, 1910a.
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