DOCUMENT 409 JUNE 1912 485 Mit der Reflexion haben Sie Recht.[3] Es gibt keinen Effekt [er]ster Ord- nung. Ich habe mich davon überzeugt. Glauben Sie nicht, dass man einen Ef- fekt zweiter Ordnung an dem Lichte einer Kanalstrahlröhre sollte finden kön- nen? Er ist von der Grössenordnung 10-4. Überlegen Sie die Sache einmal! Über Ihre Notiz[4] habe ich mich nicht im mindesten geärgert. Im Gegen- teil. Solche Überlegungen sind mir ganz geläufig aus de[r] vor-relativisti- schen Zeit. Ich wusste wohl, dass das Prinzip von der Konstanz der Lichtge- schwindigkeit etwas von dem Relativitätspostulat ganz unabhängiges ist, und ich erwog, was wahrscheinlicher sei, das Prinzip von der Konstanz von c, wie es von den Maxwell'schen Gleichungen gefordert wird, oder die Konstanz von c, ausschliesslich für einen Beobachter, der bei der Lichtquelle sitzt. Ich entschied mich für das erstere, weil ich der Überzeugung war, dass jedes Licht durch Frequenz und Intensität allein definiert sei, ganz unabhängig da- von, ob es von einer bewegten oder von einer ruhenden Lichtquelle kommt. Es kam mir ferner nicht in den Sinn, daran zu denken, dass d[i]e abgebeugte Strahlung sich punkto Fortpflanzung anders verhalten könne als in dem be- treffenden Punkte neu emittierte Strahlung. Derartige Komplikationen schie- nen mir viel unberechtigter als jene, welche der neue Zeitbegriff mit sich bringt. Auf die Frage: "Warum laufen die Wellen einer bewegten Lichtquelle so unsymmetrisch" kann ich höchstens antworten, dass das an der Z[ei]tdefini- tion hängt. Was übrigens die Begründung der ja nun modifizierten Vorausset- zung der Konstanz von c anlangt,[5] da ist wohl gar nichts vorzubringen. Von einer Erklärung kann da keine Rede sein. Man kann für die Hypothese der Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustande der Lichtquelle wohl nur deren Einfachheit u[n]d leichte Durchführbarkeit an- führen. Sobald man diese Hypothese aufgibt, muss man schon zur Erklärung der Schattenbildung die hässliche Voraussetzung einführen, dass das von ei- nem Resonator emittierte Licht von der Art der Erregung abhänge (Erregung durch "bewegte" Strahlung oder Erregung anderer Art). Immerhin halte ich es für nötig, dass man nach jenem Effekt zweiter Ordnung sucht, der sich we- niger schwer nachweisen lassen m[ü]sste als jener von Michelson,[6] weil be- wegte Lichtquellen von einigen 1000 km zur Verfügung stehen. Es wundert mich sehr, dass Kenner der Relativtheorie jene wichtigste Voraussetzung falsch aufgefasst haben. Der Satz über Gravitations [fe]lder, von dem Sie mir erzählen, ist mir noch nicht verständlich geworden.[7] Sie müssen mir ihn deutlicher erklären. Damit