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fung des Lampenfiebers vor Vorträgen in der Universität, oder zur Steigerung der
persönlichen Strammheit auf Bällen—überall wird nach dem Prinzip des sicher-
sten Mittels, der unbedingten Wirkung auf einen bestimmten Moment, das diese Ei-
genschaft allein sicher bietende Mittel angewandt,—das Kokain.
Wenn Sie sich diese psychologische Situation [ein Serie] Menschen überlegen
& gleichzeitig den Glauben an die Unschädlichkeit aller sog. Heilmittel, die von
vielen Medizinern so freigebig geboten werden, dann werden Sie auch für die be-
deutenden Menschen, die furchtbar drohende Entwicklung sehen; wenn Sie noch
beachten, dass der Konsum von Kokain sich die letzten Jahre verhunderfacht hat,
dass ich nach Paris zitiert wurde & dass man mir dort 14 000 Dosen aus der
Schweiz eingeführt zeigte, dass wir in Schweizer Blättern bis zu 50 Kg. Kokain an-
geboten bekommen. Der Kokainismus hat aber noch folgende entsetzende Ent-
wicklungstendenz gezeigt: Herunter gekommene Chemiker, Mediziner, Litteraten
ernähren sich heute vom geheimen Kokainhandel. Der Kokainist infiziert heute
seine Umgebung mit viel grösserer Sicherheit als der Pestkranke. Die Prostituierten
benützen Kokain natürlich viel ungehemmter als die eben erwähnten Menschen.
Ich sah 16 jährige Bürschchen, die schon beim ersten Besuch bei Prostituierten Ko-
kain bekamen. Ich sah Gymnasiastengruppen, die zur Anregung der Phantasie &
des Sexuellen Kokain nahmen & furchtbar herunter kamen. Ich sah kleine Lehrer-
gruppen, die Kokain nehmen & die Kokainhändler haben es bereits fertig gebracht,
Polizeiorgane in den Kokainismus hinein zu ziehen. Das gilt unbedingt für viele
Städte, für 4 Städte weiss ich es. Die heutige Zeit, wo so wie so die Anständigen,
die sich & die Familie anständig durchbringen wollen, bis zur Atemlosigkeit ge-
presst sind, kann diese furchtbare Pest nicht auch noch ertragen, selbst wenn es
ganz gleichgültig wäre, wenn alle Kokainisten zu Grunde gingen [auch] wenn sehr
wertvolle Menschen darunter wären. Die Folgen [---] viel weiter
Lieber Freund, das ist aber nur ein Gift. Ich habe im Urin von Verstorbenen mit
Spezialkollegen zusammen Kombinationen mit andern Reizmitteln gefunden bei
sehr kräftigen gesunden Studenten & einer Assistentin.
Wir hatten eine junge Aerztin, Tochter eines Staatsanwaltes, die an Kokain-Mor-
phium Vergiftung zu Grunde ging. Die Furchtbarkeit der Wirkung bei einer solchen
Persönlichkeit wird einem gerade bei Minderwertigen bekannt,— [n]un kommt
noch weiter dazu, dass ich eine Reihe von Todesfällen von jungen Mädchen erfah-
ren habe, die höchst wahrscheinlich zu Verführung[szw]ecken Kokain & andere
ähnliche Substanzen als Praliné bekommen haben & Die Industrie ist freundlich
genug, —wie ja auch den halb unbewussten Zwischenhändlern solche Pralinés
(& Schnupfpulver gegen Schnupfen)—alle solche Dinge Suchenden in die Hände
zu spielen, gegen 1000 % Gewinn. Gerade eine Vergiftung,—Todesfall durch
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